Soll historisches Gebäude im Heimatstil Neubau in „Lärchenholz-Optik“ weichen?

Der Bauausschuss der Gemeinde Suderburg schlägt vor, das historische Schulgebäude von 1908 am Gänsekamp abzubrechen und durch einen Neubau in „Lärchenholz-Optik“ zu ersetzen (AZ vom 2.10.2929). Hintergrund ist der Raumbedarf für zwei Krippengruppen der Kita Suderburg. In einer ersten Planung war von einem Raumbedarf von 300 Quadratmetern ausgegangen worden, dieser hätte sich problemlos in das alte Gebäude, das baulich in gutem Zustand ist und bis vor kurzem vom Jugendzentrum, später vom Kindergarten genutzt wurde, integrieren lassen. Selbst der nun angestrebte Flächenbedarf von 357 Quadratmetern könnte sich durch Ausbau des Dachgeschosses in der historischen Schule noch verwirklichen lassen. Alternativ wäre eine andere Lösung wie etwa ein Anbau denkbar.

Wir von der Interessengemeinschaft Bauernhaus treten für den Erhalt des ortsgeschichtlich wichtigen historischen Gebäudes ein. Die Gemeinde Suderburg lies 1908 ihre neue Schule mit vier Klassenräumen im Ortskern an herausragender Stelle errichten, auf dem Eckgrundstück „Gänsekamp / Am Kindergarten“. Ausführender Planer war der Lüneburger Architekt Wilhelm Matthies (1867-1934).

Wilhelm Matthies ist weit über seine Region als bedeutender Vertreter des „Heimatstils“ bekannt, er errichtete zahlreiche öffentliche und private Bauten, von denen viele heute unter Denkmalschutz stehen. In ihrer Magisterarbeit an der Uni Göttingen (1994) hat Kirsten Weinig das Werk von Wilhelm Matthies gewürdigt und auch die Schule in Suderburg erwähnt. Der „Heimatstil“ ist eine Bauweise, die sich ab etwa 1900 entwickelt hat, eine Gegenreaktion auf gesichtslose Neubauten im Zuge der Industrialisierung und dem Verschwinden der Fachwerkbauten – auch auf dem Land.

Wilhelm Matthies hat seine Bauaufgabe in Suderburg gut gelöst, eine Schule mit zwei Hauptansichten – aufgrund der dominierenden Ecklage – und mit Fachwerk an den Giebeln. Auch die Pferdeköpfe als Giebelzier über dem Walm verweisen auf „heimatliche“ Traditionen.

Generationen von Kindern haben die alte Suderburger Schule als Schauplatz ihrer Jugend und damit als Heimat in Erinnerung. Es wäre schade, wenn ein ortsbildprägendes Gebäude Suderburgs verschwände – zugunsten eines schlichten Industriebaus, hinter dem sich auch ein Hühnerstall verbergen könnte. Ohne die ortstypische, alte Bausubstanz verliert Suderburg ein weiteres Stück seines Gesichtes und damit auch an Attraktivität.

Aber auch aus Gründen des Klimaschutzes ist die Erhaltung und Nutzung des Altbaus angezeigt. Historische Gebäude sind in der Regel solide und mit natürlichen, umweltverträglichen und wiederverwendbaren Materialien errichtet worden. Über Jahrhunderte war es gang und gäbe, dass nachfolgende Generationen diese ihren Bedürfnissen angepasst haben. Durch die Verschiebung zwischen Material- und Lohnkosten herrscht heute die Devise: Altes muss weg, weil Neubauten „wirtschaftlicher“ sind. In diese Bewertung fließen aber nur monetäre, keine ökologischen oder kulturellen Kriterien ein, ebenso wenig wie eine energetische Gesamtbilanz. Nicht der reine Energieverbrauch in der Nutzungsphase ist zu berücksichtigen, sondern der Energieeinsatz ab Herstellung aller Baustoffe und Bestandteile sowie die Betriebsenergie über den gesamten Lebenszyklus (inkl. Energieeinsatz bei Abriss und Entsorgung).

Die Gemeinde Suderburg wäre gut beraten, wenn sie nach Alternativen sucht, um die alte Schule mit einer neuen Nutzung in die Zukunft zu retten.

Christine Kohnke-Löbert und Dr. Horst Löbert
Interessengemeinschaft Bauernhaus

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10 Kommentare

  1. Aleksandra Antworten

    Sehr geehrter Herr Paschko,

    leider ist der Zustand der „alte Schule“ schon länger als kritisch zu betrachten. Ich wollte nur freundlich darauf hinweisen, dass
    1. JuZ war vor der Schließung kaum besucht. Ich war dabei als der Ausschuss sich darüber informierte. 2. Als die große Diskussion über steigende Anzahl der Kindergartenkinder und die Nachmittagsbetreuung explodierte, wurde JUZ bzw alte Schule als „absolute und befristete Notfallösung “ geduldet. Ich weiß noch wie man es in Hektik renovierte. Ich war damals Elternvertreterin und besuchte die Gebäude. Zu behaupten, dass es regelmäßig renoviert und gepflegt wurde, ist eine Frechheit. Das, was wir damals sahen, war schockierend. Ich betone es noch mal, ich habe den gesamten Umbauprozess verfolgt. Das, was man erreichte, war vielen lokalen Handwerkern zu verdanken, die einen kleinen Wunder geschafft haben.
    Juz ist umgezogen aufgrund größe Kindergartennachfrage. Die gesamte Diskussion habe ich ebenfalls persönlich als beratenes Mitglied verfolgt.
    3. Soweit ich weiß ist die Gebäude nicht unter Denkmalschutz. Wenn es so eine wertvolle Architektur sei, warum fängt man erst damit an? Das Thema ist mindestens seit 2 Jahren in Besprechung!
    4. Die Entwicklung der Kinderzahl in der Krippe ist ein wenig komplizierter. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass bereits vor 3 Jahren die Verwaltung völlig überrascht mit Kindergartenkinderzahlen war. Die Folge war diese fürchterliche Sitzung in damaligen JUZ (war auch dabei)
    5. Ich bin leider nicht in den Bauausschuss. Ich kenne nur diese Daten, die unsere Fraktionen bekannt waren. Der Umbau war nur geschätzt, die Statik Proble konkret genannt. Auch die Bausubstanz soll schlecht sein was praktisch 2 Sachen bedeutet- keiner weiß wie teuer und wie lange so ein Umbau dauern könnte. Brauchen wir Suderburger Elbphilharmonie?
    Mit freundlichen Grüßen!

  2. Lars Holxen Antworten

    Moin zusammen,

    es ist schön zu lesen über die akribische Zerlegung der Ratsarbeit. Freut mich, wenn Menschen sich für Themen interessieren und alles besser wissen. Kommt mir vor wie beim Amateurfußball, wenn die Zuschauer über die Leistungen der Spieler philosophieren und Ihre Meinungen abseits des Platzes kundgeben und nicht die Aktivität im Spiel geschehen einschätzen können.

    An die Verfasserin Babara Frey, ja es sind 2021 Kommunalwahlen. Ich würde mich freuen, wenn ich Ihren Namen auf einer Liste einsehen könnte. Vielleicht haben Sie die Durchschlagskraft, um es allen Recht zu machen und konstruktiv die Gemeinde Suderburg nach vorne zu bringen.

  3. Babara Frey Antworten

    Politiker in Suderburg denkt daran, nächstes Jahr steht die Kommunalwahl an!

  4. Aleksandra Antworten

    Sehr geehrte „Ur-suderburger“,
    ich wohne in Suderburg seit 10 Jahren, komme ursprünglich aus Polen. Seit 5 Jahren engagiere mich in der lokale Politik.
    Ich stelle überraschend fest, dass plötzlich so viele Menschen, die seit Jahren sich wohl für das lokale Leben einsetzen, „kämpfen“ für die alte Schule. Wo waren alle „ur- suderburger “ als die Gebäude jahrelang immer mehr zur eine Ruine wurde? Wie viel von euch hat sich die genaue Daten angeschaut? Wer hat sich auf dem Weg gemacht um zu schauen in welchen Zustand die Gebäude sich befindet?
    Wir reden über Statikprobleme, die es kaum machbar machen eine realistische Kostenrechnung zu erstellen. Wir reden über Energieeffizienz. Hat die Gemeinde in den unsicheren Zeiten der Corona Pandemie unendlich viel Mittel um gegebenenfalls Millionen in der „Perle “ zu investieren?
    Wo waren alle diese Kämpfer in den letzten… na, 20 Jahren? Seit 10 Jahren ist die Gebäude kaum nutzbar, das JUZ war in den letzten 2 Jahren nur symbolisch da, weil viele junge Menschen nicht dorthin wollten.
    Ich finde die Gebäude optisch ebenfalls sehr schön. Leider mich haben die vorliegende Befunde überzeugt. Und bei allen Respekt- Suderburg zu einer sowjetische Konzeptentwicklung zu vergleichen ist ein Beweis, dass leider die Gefühle über Logik gewinnen.
    Bitte vergessen Sie nicht dass es sich um eine Krippe handelt- ich möchte als Mutter sicher sein, dass der Dach mein Kind nicht auf dem Kopf fällt.
    Grüße
    Ps. Für alle grammatikalische Fehler möchte mich in Vorraum entschuldigen

    • Andreas Paschko

      Sehr geehrte Aleksandra
      Die grammatikalischen Fehler finde ich nicht weiter schlimm. Schlimmer sind die Unkorrektheiten und Falschinformationen, die speziell eine in der lokalen Politik engagierte Person besser wissen sollte:
      – Das Gebäude wurde seit seiner Erbauung fast durchgehend für Schule, Kinder- und Jugendarbeit genutzt.
      – Das JuZ war in den letzten Jahren nicht im Gebäude untergebracht, sondern in der Hausmeisterwohnung am Sportplatz.
      – Das Gebäude ist keine Ruine! Es wurde mehrfach saniert, renoviert und immer instand gehalten. Bis vor kurzem diente es als Ausweichquartier des Kindergarten.
      – Statik-Befunde liegen bisher nicht vor, es wird nur darüber geredet. Wo sind sie, öffentlich nachlesbar?
      – Statikmaßnahmen sind auch überhaupt nicht notwendig, wenn im Obergeschoss keine Umbauten für eine 3. Gruppe erfolgen, dass ergibt sich jedenfalls aus den Protokollen.
      – Und eine 3. Gruppe wird nicht gebraucht – die Zahlen sinken, laut dem Betreiber (DRK).
      – Meinen vier Töchtern ist im und um das Gebäude nichts auf den Kopf gefallen. Drei haben ihre Vorschule dort absolviert, eine war sehr häufig im JuZ. Alle vier haben sich dort immer sehr wohl gefühlt.
      – Und die Kämpfer…? Die sind immer da, wenn sie gebraucht werden. Bei kleinen und bei größeren Projekten: Das letzte war vor 25 Jahren das alte Pfarrhaus, dass abgerissen werden und einem „Bungalow“ weichen sollte. Eigentlich das beste Beispiel Beispiel dafür, dass Logik nicht immer besser ist.

      Und nun noch zu den „Millionen-Investitionen“… und ihrer „Verschwendung“…:
      Die erste Kostenschätzung des Architekten für den Umbau des alten Gebäudes plus Anbau lag bei ca. 600.000 € – für 2 Gruppen. Danach gab es noch verschiedene, teurere Varianten.
      Der Umbau des alten Gebäudes + Anbau + Ausbau mit Statikmaßnahmen kostete zuletzt ca. 1.200.000 € – allerdings dann für 3 Gruppen.
      Der jetzt angestrebte Neubau liegt dagegen schon bei ca. 1.300.000 € – und das für nur 2 Gruppen.

      Wo findet also hier die Verschwendung statt???

  5. W. Oetzmann Antworten

    Was für einen Unsinn hat sich den jetzt wieder der Bauausschuss der Gemeinde Suderburg ausgedacht?
    Da hat die Gemeinde Suderburg ein historisches Gebäude, um das viele Gemeinden den Ort sicher beneiden, aber die dortigen Lokalpolitiker haben nichts Besseres im Sinn, als dieses Schmuckstück abzureißen, um in der dörflichen Idylle von Suderburg einen modernen Klotz aus Beton, Stahl und Lärchenhaus zu bauen.
    Klimaschutz und Umweltschutz zählen jetzt nicht mehr, wenn die letzten Groschen für eine sinnvolle Renovierung der Alten Schule fehlen.
    Haben die Mitglieder des Bauausschusses auch mal die Eltern der zukünftigen Kindergartenkinder gefragt, welche Lösung sie bevorzugen? Zu anderen Punkten werden doch auch die Eltern befragt, wenn es z.B. um die Einführung einer längst überfälligen IGS geht.
    Liebe Lokalpolitiker ind Suderburg, Gebäude die man abgerissen hat, kann man so, wie sie einmal gebaut waren, nicht wieder errichten.
    Was jetzt zerstört wird, das ist für ewige Zeiten verschwunden!

  6. Jürgen Baumgarten Antworten

    Die vorstehenden Kommentare sprechen auch mir aus der Seele ! Als “ Ursuderburger “ bitte ich dringend , dieses historisch und optisch ansprechende Schulhaus zu erhalten .

    J . Baumgarten

  7. Borvin Wulf Antworten

    Schöne neue Krippenwelt?
    Wie man sich bei zur Schau getragener oberflächlicher Betrachtung der bloßen Optik von (Gebäude-)Fassaden und deren scheinbar schönem Schein unter Ausblendung soziodemographischer und kulturgeschichtlicher Zusammenhänge doch blenden lassen kann … . Als die Sowjetunion und die anderen RGW – Staaten noch existierten, nannte man so was sarkastisch „Potemkinsche Dörfer“. So gesichtslos und steril wie in der Architektengrafik in der AZ vom 2.10. Dargestellt, würde also – wenn’s nach der Suderburger Bau- und Wegeausschußsitzung vom 28. 9. geht – für unsere Kleinen ein modernistisches neues Krippengebäude in Container- bzw. aufgehübschter Holzständerbauweise in „modernem Design“ (H. J. Drögemüller/SPD) auf dem Gelände der ehemaligen „Wilhelm-Matthies-Schule“ auf dem Eckgrundstück Gänsekamp/Am Kindergarten aussehen, das bis zu ihrem „Rauswurf“ vor einigen Jahren als Jugendzentrum genutzt wurde und seither leersteht. Dafür auf dem Baugelände weitgehend unter Ausschluß der Öffentlichkeit aufgrund von Abriß Platz machen soll die ehemalige Schule, die nach Plänen und Entwürfen des namhaften Architekten und Künstlers Wilhelm Matthies 1908 erbaut wurde. Das geschichtsträchtige Suderburger Schulgebäude aus rotem Backstein und an zwei Flügeln mit Eichenfachwerk erbaut, war das 19. der 39 bekannten, zum Teil unter Denkmalschutz stehende Gebäude. Und das soll jetzt, wenn‘ s nach Suderburgs subalterner Verwaltung, nach Parteipolitikerinnen und Politikern sowie sonstigen Kulturbanausen geht, plattgemacht und ausradiert werden. Schwuppdiwupp verweist man dabei qua Totschlagsargument auf die (angeblich) höheren Kosten, die der Erhalt und eine denkmalsgerechte Sanierung des historischen Gebäude und dessen bauliche Umwidmung in ein Kinderkrippengebäude für zwei Gruppen kosten würde. Zugegeben…, an dem Gebäude nagt – wenn es noch länger leersteht – der Zahn der Zeit. In jedem Fall müsste es sanitär und energetisch und mit dem Einbau einer „Küfa“ (Küche für alle) saniert werden. In der Substanz vor allem ist das Gebäude am Gänsekamp in einem erhaltenswerten Zustand, keine Bruchbude also, zumal es in Suderburg nicht mehr viele historisch bedeutsame wertvolle Gebäude gibt. Noch sind nicht alle Messen für den Abriß gelesen. Abseits von Eitelkeiten sollte die Gebäudesanierung Vorfahrt haben vor einem Gebäudeabriß und dem Neubau einer rd. 1,12 Millionen Euro kostenden „modernen“ Blechkiste.

  8. Junghans-Borm Antworten

    Auch wir sprechen uns gegen den Abriss des alten Schulgebäudes aus.
    Seit Generationen prägt dieses historische Haus unser Ortsbild. Als Alternative einen Zweckbau mit geringer Halbwertzeit zu errichten, erscheint uns geschichtslos. Wir selbst leben in einem Gebäude von 1911. Wie von der Familie Löbert angesprochen, ebenfalls erstellt mit natürlichen, umweltverträglichen Materialien. Über das gute Raumklima freuen wir uns jeden Tag.

    Angelika Junghans-Borm, Dr.Peter Borm

  9. A.Meyer, Gemeindedirektor a.D. Antworten

    Dieser Bericht trifft voll zu. Die Gemeinde Suderburg hat immer sich dafür eingesetzt, dieses am Gänskamp gelegene ortsbildprägende Gebäude zu erhalten. Erst als Nutzung für die Schule, dann für die langjährige Nutzung als Jugendzentrum. Diese Entwicklung haben die Bürgermeister Eberhard Hinrichs und Christel Beplate-Haarstrich mit den damals und tlw heute noch in führender Position befindlichen Ratsmitglieder stets einvernehmlich vertreten. Daher überrascht es mich schon, das die von damals noch heute in der Verantwortung für die Gemeinde Suderburg im Rat sitzenden Ratsmitglieder dieses vergessen haben. Abriß ist immer die einfachste Lösung, aber geschichtlich bedeutende Gebäude auch mit einer heute bedarfsgerechte Nutzung zu erhalten, dass ist Verantwortung für die Gemeinde. Auch die von mir angesprochenen Ratsmitglieder kennen den Sachverhalt des geschichtsträchtigen Gebäudes aus den vielen Gesprächen mit unserem Chronik-Schreiber Rolf Hillmer. Dabei stellt sich für mich die Frage noch, wer denn eigentlich seit 2006 die Chronik für die Gemeinde Suderburg weiter schreibt. Bitte überdenkt mit einer Zukunftsplanung m i t Erhalt dieses Gebäudes den Ratsbeschluß. Bitte nicht den Fehler von Bad Bevensen nachmachen: das alte echte Kurhaus abreißen und dafür einen Kastenbau hinzustellen…

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