In eigener Sache: Hausfriedensbruch?!?

Am Freitag d. 25.6.2021 kam meine Frau mit einem sehr aufgeregten Gastkind abends vom Einkaufen zurück: „Andreas, die alte Schule ist eingekracht…“. Auf dem Hinweg sei alles in Ordnung gewesen, auf dem Rückweg „alles eingekracht“.

Ich konnte das nicht glauben und bin mit Götz Schimmack, der zufällig bei mir war, sofort zur alten Schule gefahren. Dort fanden wir die Aussage des Jungens zum Glück nur teilweise bestätigt. Nicht das Gebäude der Schule war betroffen, sondern der Dachstuhl und Teile des Mauerwerks des Anbaus lag in Trümmern. Dann entdeckten wir, das die Eingangstür offen stand – offensichtlich aufgebrochen. Da völlig unklar war, was den Einsturz des Anbaus ausgelöst hatte, entschlossen wir uns das Gebäude zu betreten. Wir wollten uns überzeugen, dass hier keine Menschen zu Schaden gekommen waren.

Das das nicht „weit hergeholt“, sondern durchaus im Bereich des Möglichen war, dass der Anbaut vorsätzlich zum Einsturz gebracht worden war und Personen sich dabei vielleicht verletzt hatten (oder z.B. auch ein Obdachloser unter den Trümmern lag, der dort unbeobachtet und nichtsahnend ein Nickerchen machte), kann man nachvollziehen, wenn man sich den Spruch eines Ratsherren vergegenwärtigt: „Dann reißen wir das Ding eben ohne Genehmigung ab – so hoch kann die Strafe doch nicht sein…“.

Im Gebäude fanden wir verwüstete Innenräume, die zerschlagene Scheibe einer Innentür, sowie Bauschutt und Balken im Durchgang zum Anbau vor. Wir riefen in die Trümmer hinein: „Hallo, ist da jemand“… zum Glück kam keine Antwort…

Da ich nicht wusste ob es vielleicht wichtig werden könnte, hab ich aus dem Inneren des Durchgangs zum Anbau zwei Fotos des zusammengebrochenen Anbaus gemacht und anschließend die Polizei über die Notrufnummer 110 angerufen. Der Beamtin schilderte ich genau was passiert war: Gebäude eingestürzt, Eingangstür offensichtlich aufgebrochen – und das wir das Gebäude betreten hatten, um uns zu überzeugen das kein Mensch zu Schaden gekommen ist. Für sie war das in Ordnung, sie wollte nur wissen ob wir irgendetwas angefasst haben. Das habe ich verneint. Sie hat darauf angekündigt, das kurzfristig ein Streifenwagen eintreffen wird.

Für dieses „Vergehen“ – das Betreten der alten Schule – traf vor einigen Tagen eine Beschuldigtenanhörung zu einem Ermittlungsverfahren der Polizei Suderburg gegen mich ein…

  • Tatvorwurf: Hausfriedensbruch (§123 StGB)
  • Tatzeit: Fr. 25.06.2021, 20:00 Uhr
  • Tatort: Suderburg, Gänsekamp 1
  • zum Nachteil von: Gemeinde Suderburg
  • Kurzsachverhalt: Sie betraten ohne Genehmigung dass Gebäude des Anzeigeerstatters (Altes Jugendzentrum). Von der Gemeinde wird Anzeige erstattet.

Der erwähnte § 123 StGB besagt:
(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

Es scheint so, dass sich hier jemand versucht an mir „abzuarbeiten“, denn von einer Straftat kann wohl kaum die Rede sein – aber das soll der Staatsanwalt prüfen:
Das Besitztum der Gemeinde war zum genannten Zeitpunkt nicht „befriedet“ – Irgendetwas oder -jemand hatte kurz vorher ein Gebäudeteil zum Einsturz gebracht. Die Räumlichkeiten waren nicht abgeschlossen sondern standen sperrangelweit offen. Wie wir von den Beamten erfuhren, war dieser Umstand angezeigt worden und somit der Eigentümerin seit einigen Tagen bekannt. Sie hatte NICHTS unternommen, um die Tür abzuschließen oder zu verbarrikadieren – das Gebäude war somit allgemein zugänglich. Gleicht das nicht geradezu einer Aufforderung für Vandalen, Obdachlose oder „marodierende“ Jugendliche?

Niemand hat uns aufgefordert das Gebäude zu verlassen. Vielmehr haben wir uns noch nützlich gemacht und den Beamten mit unseren Handys die Räume ausgeleuchtet und Fragen beantwortet.

Zivilcourage – Hinsehen statt wegschauen!

Seit Jahren schon wirbt die Polizei um die Mithilfe bei Bürgerinnen und Bürgern und versucht das Bewusstsein für mehr Solidarität und größere Hilfsbereitschaft zu stärken.

  • Umsichtig reagieren
  • Helfen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.
  • Andere aktiv und direkt zur Mithilfe auffordern.
  • Genau beobachten und Täter- oder Tatort-Merkmale einprägen.
  • Hilfe unter Notruf 110 organisieren.
  • Um Opfer/Verletzte kümmern.
  • Sich als Zeuge zur Verfügung stellen.

Für mich ist das von Jugend an schon immer eine Selbstverständlichkeit. Die Erfahrung, dafür eine Strafanzeige zu bekommen, ist neu.

Nachsatz:

Vor Jahren war ich völlig grundlos einer Anzeige wegen Geldfälschung, mit polizeilicher Hausdurchsuchung etc. pp., ausgesetzt. Wie sich erst Jahre später herausstellte, war der Anzeigende ein psychisch gestörter Nachbar, der unter Wahnvorstellungen litt. Mein offener Umgang mit der Geschichte (ich habe daraus eine Titelstory gemacht), hat mir damals geholfen unbeschadet aus der Angelegenheit zu kommen.

Genauso offen werde ich auch mit der ebenso unbegründeten aktuellen Anzeige umgehen. Es wird spannend sein herauszufinden, wer hinter dieser Anzeige steckt – und warum.


(Nur der Vollständigkeit halber verweise ich natürlich auch noch auf die verfassungsrechtlich garantierte Pressefreiheit. Demnach haben Journalisten sogar ein Zugangsrecht zu polizeilichen Tatorten, solange das keine Behinderung der Ermittlungen darstellt.)

2 Kommentare

  1. Angela Schroeb-Hering

    Da man Sprachlosigkeit nicht steigern kann, kann ich mich Gode von Korff nur anschließen. Was soll so eine sinnfreie Anzeige?! Sie trägt allerdings zur weiteren Eskalation und Spaltung, nicht zu einem Miteinander bei.

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