…in unserem Fall bei der Schöffenwahl
Wir erinnern uns:
Im Februar 2013 forderte die Samtgemeindeverwaltung interessierte Bürger auf, sich für das Amt des ehrenamtlichen Richters in Strafsachen für die Geschäftsjahre 2014-2018 zu melden: Suderburg sollte für die Wahl der Schöffen durch den Schöffenwahlausschuss beim Amtsgericht Uelzen fünf unbescholtene Bürger vorschlagen.
Während anderswo, mangels Bewerber, Bürger sogar für das Amt zwangsverpflichtet werden müssen, meldeten sich in Suderburg gleich 17 Interessenten. Bürgermeister Hoff freute sich: „Das widerspricht der Politikmüdigkeit.“
Gleichzeitig erging im Vorfeld mein offener Appell an den Samtgemeinderat, bei der Aufstellung der Vorschlagsliste zu Gunsten einer stärkeren und breiteren Bürgerbeteiligung freiwillig auf die Benennung von Ratsmitgliedern für das Schöffenamt zu verzichten, um Politikverdrossenheit abzubauen („Eine Gelegenheit zum Abbau von Politikverdrossenheit“ in DIE ZEITUNG vom 28. März 2013 Seite 6)
Aus den 17 Kandidaten (15 parteipolitisch unauffällige Bürger und zwei Ratsmitglieder: Wilhelm Schröder, CDU, und Hans-Jürgen Drögemüller, SPD) formte nun die Verwaltung eine Liste: 5 der (parteipolitisch unauffälligen) Bürger unterschiedlichen Geschlechts, Alters, Berufes u.s.w., eine Mischung, wie die Vorschriften es verlangen, wurden dem Samtgemeindeausschuss präsentiert. Doch dieser strich mit den Stimmen von CDU und SPD drei „normale“ Kandidaten heraus und ersetzte sie durch eigene Parteigänger von SPD und CDU – darunter die Ratsmitglieder Wilhelm Schröder, CDU (war bereits Schöffe „für eine verlängerte Periode„) und Hans-Jürgen Drögemüller, SPD, (war bereits zweimal Schöffe).
Nach zwei turbulenten Samtgemeinderatssitzungen wurde dann diese gefilterte Liste gegen die Stimmen von WSL und GRÜNE mit der Mehrheit von SPD und CDU zum 1.7.2013 nach Uelzen gemeldet (siehe auch die ausführlichen Berichte unter www.Suderburg-online.de, Suchbegriffe „Schöffenwahl“ und „Schöffe aus Gnatz“).
Ausgesiebt…!
Nachdem monatelang keine Rückmeldung zu der spannenden Frage kommt, auch nicht bei der Samtgemeindeverwaltung, wer denn nun als Schöffe gewählt wurde, teilt das Amtsgericht auf Nachfrage mit:
Renate Braun, SPD, Schöffin beim Amtsgericht Uelzen,
Wilhelm Schröder, CDU, Hilfsschöffe, Amtsgericht Uelzen
Hans-Jürgen Drögemüller, SPD, Schöffe, Landgericht Lüneburg.
(Hinweis: die Zusätze zur Parteizugehörigkeit kommen nicht vom Amtsgericht)
Fazit: ALLE anderen 15 „normalen“, parteipolitisch unauffälligen Bürger aus Suderburg, die dem Aufruf der Gemeinde gefolgt waren, wurden ausgesiebt!
Wie kann das angehen?
Ganz einfach. Schauen wir uns einmal den Schöffenwahlausschuß an: Er besteht aus einem/ner Richter/rin des Amtsgerichts als Vorsitzenden/de, dem Landrat und sieben Vertrauenspersonen als Beisitzer – drei Vertreter der Stadt und vier des Landkreises Uelzen.
Arroganz der Macht?
Am 27.5.2013 wählt der Stadtrat einstimmig
Henning Gröfke, CDU
Klaus Knust, SPD, und
Karsten Jäkel, CDU
als Vertrauenspersonen für die Auswahl der Schöffen, nachdem der Kreistag bereits am 18.12.2012 einstimmig bestimmt hatte:
Jörg Martens, CDU
Ute Röling, SPD
Claus-Dieter Reese, CDU und
Hans-Jürgen Drögemüller, SPD
sämtlich kommunale Abgeordnete, vier von der CDU, drei von der SPD, obwohl auch diese Liste der Vertrauenspersonen nach den einschlägigen Bestimmungen alle Gruppen der Bevölkerung nach Geschlecht (hier: 1 : 6 gegen die Frauen), Alter, Beruf und sozialer Stellung angemessen berücksichtigen soll. Per Saldo: politisch nicht gerade repräsentativ. Wo sind die anderen Parteien? Schlafen sie oder gehören sie auch zur Einheitspartei des Kreistages „CDSPU“?
Selbst bei dem sensiblen Thema der Besetzung von Strafgerichten nimmt es die Arroganz der Macht nicht so genau. Die maßgeblichen Bestimmungen sagen: als Vertrauenspersonen sollen nicht berufen werden Personen, die das 70. Lebensjahr bereits vollendet haben, und so stand es auch für jeden Kreistagsabgeordneten nachzulesen in der Vorlage des Landrates.
Klaus-Dieter Reese, Fraktionsvorsitzender der CDU im Kreistag seit Menschengedenken, geboren am 4.2.1940, war am 18.12.2013 fast 74 Jahre alt!
Niemand fragt nach. Macht nichts – bei Herrn Reese, „wer kann da schon Nein sagen“.
Es bleibt die Frage, wie das Verhalten des Ratsherrn Drögemüller zu bewerten ist, der als „Vertrauensperson“ für den Schöffenwahlausschuss gewählt wurde, sich bei der Diskussion in den Samtgemeindegremien dazu aber nicht offenbart hat. Das mag jeder Leser für sich entscheiden.
Am 2.10.2013 tagte der Schöffenwahlausschuß beim Amtsgericht Uelzen. Hans-Jürgen Drögemüller, Ratsherr der Gemeinde und Samtgemeinde Suderburg und Kreistagsabgeordneter, wählte sich als Vertrauensperson im Schöffenwahlausschuß selbst zum Hauptschöffen beim Landgericht Lüneburg.
Ist damit die Schöffenwahl beim Amtsgericht Uelzen rechtswidrig??
Götz Schimmack
Nun Herr Schimmack, wahrscheinlich haben Sie recht. So ist wohl unser Rechtsstaat. Recht hat der, der die Macht hat. Es findet sich fast immer ein Weg. Aber vielleicht trifft ja doch einmal das „fast“. Vielleicht platzt ja mal ein Prozess, weil ein Anwalt ein Verfahren mit dem Schöffen Drögemüller beanstandet?
Als Samtgemeinde-Ratsmitglied hat sich der ehrenwerte Herr Drögemüller selbst auf die Schöffenliste gewählt. Die Kommunalaufsicht des LK-Uelzen wollte diesen Vorgang im Sinne des Mitwirkungs-Verbots nicht beanstanden, mit der Begründung, die endgültige Schöffenauswahl würde ja vom Amtsgericht gemeinsam mit den vier vom Kreistag bestimmten Vertrauenspersonen festgelegt werden.
Dumm nur, dass jetzt ausgerechnet der ehrenwerte Herr Drögemüller eine dieser vier Vertrauenspersonen geworden ist und sich jetzt endgültig selbst gewählt hat.
So what.
Nun mal sachte, Adler und Italiano:
Hier ist doch „nur“ gelaufen, was bei uns zum politischen Alltag gehört, im Kleinen wie – jetzt gerade wieder – im Großen, wo man sich seines Rechtsstaates nicht mehr sicher sein kann.
Also, wie geht es weiter? Nicht anders als sonst: „Vertrauensperson“ Drögemüller wird die Sache aussitzen, seine Kumpels von der CDSPU werden ihn nicht fallen lassen ( Krähen-
prinzip ), die Behörden werden die Sache herunterspielen und verharmlosen und alle werden einfach abwarten, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Bei Gelegenheit wird man dann mal wieder die Politikverdrossenheit beklagen und Onkel Gauck wird die beiden „systemrelevanten“ Parteien – wie gehabt – loben, wie weit wir es doch mit ihnen gebracht haben.
Nur bei der Justizministerin bin ich mir nicht ganz sicher: die muss sich nämlich vorstellen, dass ein pfiffiger Anwalt in einem Schwurgerichtsprozess die fehlerhafte Besetzung der Richterbank rügt und damit, vielleicht erst in letzter Instanz, Erfolg hat.
H.-J. Drögemüller handelt sicher nach dem Motto: Was kümmert es die Eiche, wenn sich eine Sau daran reibt.
Aber der Partei und der Fraktion sollte es nicht egal sein, wenn sie durch sein Gebaren mit in den Zweifel an seine Glaub-würdigkeit hineingezogen wird. Haben sich beide schon von ihrem Genossen distanziert? War der Fall beim Stammtisch in dieser Woche Gesprächsthema? Gibt es ein internes oder öffentliches Ergebnis? Was sagen die anderen Fraktionen im Rat? Nehmen sie öffentlich Stellung?
Hören wir von ihnen NICHTS, dann machen sie sich mit ihrem Ratskollegen und W. Schröder gemein. Wie sicher geht es sich doch im alpinen und politischen Bereich in einer Seilschaft!! Damit die Glaubwürdigkeitskrise im Großen wie im Kleinen nicht noch mehr Vertrauen in die Politik / den SG-Rates zerstört, muss ein Akt der politischen Hygiene her. Mal sehen, ob z. B. in Berlin noch mehr Politiker über die Klinge springen, dort handelt man im Augenblick jedenfalls konsequent.
VERTRAUEN FUTSCH
Von Hans-Jürgen Drögemüller sagt man, er habe so viele Ämter und Posten, dass er selbst nicht so genau weiß, wieviel; so zwischen 40 und 50 soll er mal geantwortet haben.
Aber nun hat ihm seine Postengier ein Bein gestellt und nicht nur ihm selbst einen sehr schlechten Dienst erwiesen:
– 41 Kreistagskollegen, die ihm einstimmig die Auswahl von Schöffen im Schöffenwahlausschuß anvertrauten,
– Seinen CDU/SPD Kollegen im Samtgemeinderat, die ihn auf sein
Betreiben auf die Vorschlagsliste für Schöffen hievten, denen er aber verheimlichte, dass er bereits vom Kreistag in den Schöffenwahlausschuß gewählt worden war,
– dem Landrat als Mitglied und dem Richter des Schöffengerichts am Amtsgericht als Vorsitzenden
– den Bürgern auf den Vorschlagslisten, die ihm anvertraut waren,
– ganz allgemein der Glaubwürdigkeit und dem Vertrauen in die Justiz,
– letztlich allen Menschen, die noch glauben, dass in der Politik alles mit rechten Dingen zugeht.
Wer kann ihm noch glauben, wenn er das Wort ergreift und
Entscheidungen trifft, ob er das für das Gemeinwohl tut oder nur
für sich aus Eigennutz?
Ist es mit der Selbstachtung des Suderburger Gemeinderates vereinbar, dass die Gemeinde Suderburg durch dieses Ratsmitglied
weiterhin als stellvertretender Bürgermeister repräsentiert wird?
.
Herr Schimmack,
herzlichen Dank für Ihre Recherche. Es zeigt sich wieder einmal nicht nur die Arroganz der Macht, sondern auch die Tatsache, dass viel zu lange „dieselben Schweine an immer denselben Trögen ihre Nahrung“ finden.
Wann endlich finden Wählerinnen und Wähler den Mut, ihren Politikern die Rote Karte zu zeigen? Wann endlich besitzen die Parteimitglieder bei der Aufstellung der Kandidatenlisten das Rückgrat, solcher Selbstbedienungsmentalität den Garaus zu machen?
Wie im Großen (Pofalla und die DB) zeigt sich auch im Kleinen die Verderbtheit und Schamlosigkeit der politischen Kultur. Dass Bürgerinnen und Bürger sich mit Grausen abwenden, ist leider die traurige Konsequenz und damit werden gerade die Herren Drögemüller, W. Schröder, Reese u. a. gleichen Kalibers als unsere „Volks“-vertreter immer mehr zu Totengräbern unserer zu bewahrenden demokratischen Idee.
Aber solange es noch Menschen wie Sie gibt, die diese Unverschämtheiten ans Tageslicht fördern, ist mir noch nicht bange. Nur wünschenswert wäre es, es gäbe mehr von Ihrer Sorte und das Gedächtnis der zur Wahl gehenden Menschen wäre nicht so kurz.