Parteien auf Stimmenfang

“ … komm zu uns und kandidiere für Deine Gemeinde! Wir suchen Teamplayer mit oder ohne Parteibuch … „, so die SPD. FDP zur Kommunalwahl 2016: „Vorschläge und Mitarbeit der Bürger sind erwünscht.“ CDU: „Für Nachrücker besteht noch weiter die Gelegenheit, nominiert zu werden, ebenso für die Wahl zum Samtgemeinderat …. und zum Kreistag.“

Hallo, was ist das denn? Gehen den Parteien die Bürger aus? Not an Mann und Frau bei der Besetzung der Listen für die Kommunalwahl; als Folge einer grassierenden, chronischen Parteienverdrossenheit in der Bevölkerung, abzulesen am anhaltenden Mitgliederschwund der Parteien und an den bisherigen Daten zur Wahlbeteiligung.
Dagegen nun die Kandidatensuche der Parteien als seriöse Aktion, um die mit einem Gefühl von „Ohnmacht und Apathie“ ( so der Kölner Politologe Leonard Novy ) politisch abseits stehenden Menschen einzubeziehen?

Welche Chancen auf einen attraktiven Listenplatz, d.h. mit Aussicht auf ein Mandat, haben denn unsere umworbenen Mitbürger? Nun, die CDU begrenzt ihr Angebot von vornherein auf „Nachrücker“. Damit ist klar gesagt: auf aussichtsreiche Plätze kommt bei uns keiner.

Zudem ist die Anzahl der in den Räten und im Kreistag zur Verfügung stehenden Sitze so gering, dass die dahin führenden Listenplätze locker von den eigenen, sich drängelnden Funktionären abgedeckt werden.

Beispiel SPD: 7 Funktionäre wurden für die Kreiswahlkonferenz gewählt. Erhielte die SPD im Suderburger Gemeinderat – wie zuvor – 4 Sitze, so würden diese 7 Bewerber auf der SPD-Liste „dicke“reichen. Die SPD hätte dann schon mehr eigene Kandidaten, als sie realistisch X-Ratssitze von insgesamt 15 gewinnen kann. Es kommt hinzu, daß funktionslose Parteimitglieder ja auch noch berücksichtigt werden wollen oder sollen.

Worum geht es denn wirklich? „Es kommt auf jede Stimme an“, werden wir demnächst wieder mahnend und fordernd von den Wahlkämpfern hören. Und diese Stimmen sollen die umbettelten, externen Gäste auf den Listen mit herbeischaffen, von Verwandten, von Freunden, aus ihren Vereinen u.s.w., gerade auch, wenn und weil die Gäste nicht Mitglied in der betreffenden Listenpartei sind. So ist es auch nicht weiter tragisch, ja, reicht völlig aus, wenn die eingeladenen Gastkandidaten bei dem parteiinternen Kampf „bis aufs Messer“ um die Listenplätze chancenlos auf den hinteren, unattraktiven Plätzen landen, als Wasserträger für die Parteifunktionäre in den Logen.

Und so entpuppt sich das freundlich wirkende Angebot der Parteien zum Mitmachen als Einladung zu einer ziemlich schamlosen Pseudobeteiligung an der Kommunalwahl.

Unglaubwürdig ist das allemal:
– wenn man z.B. nur die mangelhafte Wertschätzung von Einwohnerfragen durch die politischen Gremien in Suderburg betrachtet: miserabel (s. im einzelnen Schimmack: „Was uns das Protokoll verrät“ auf suderburg-online.de),
– wenn man die Ablehnung der 2. Einwohnerfragestunde in den Sitzungen nach der Debatte über die TOPe durch CDU und SPD im Gemeinderat erlebt,
– wenn im Kreistag das CDSPU- Kartell der Verdrussparteien keine Fragen der Einwohner an die Fraktionen oder gar an einzelne Kreistagsmitglieder zulässt (s. Schimmack: „Einwohnerfragestunde – eine Chance wurde vertan“ auf suderburg-online.de). Dazu gehört auch, daß das CDU/SPD-Tandem soeben bei der Vorbereitung für die Kreistagswahl – erfolglos – versucht hat, sich durch unzulässige Einteilung des Kreisgebietes in fünf (statt drei) Wahlbereiche einen rechtswidrigen Abstimmungsvorteil zu verschaffen.

Und schließlich: man glaubt ja gar nicht, wie viele Posten und Pöstchen so ein altgedienter kommunaler Parteisoldat haben kann und muss, der dann – ganz aktuell – vom Kreistag auch noch in den Vorstand der „Bürgerstiftung für den Landkreis Uelzen“ entsandt und zum ehrenamtlichen Richter am Sozialgericht bestimmt wird (Fall des Kreistagsabgeordneten Hans-Jürgen Stöcks, CDU), obwohl diese Posten mit seinen kommunalpolitischen Mandaten nichts zu tun haben. Könnten das nicht mindestens genauso gut gescheite parteilose Bürger machen, die es ja auch noch gibt, um das gestörte Verhältnis zwischen den Parteien und den Bürgern zu verbessern?

Stichwort „ehrenamtliche Richter“: wie passt es denn zusammen, dass man die Bürger, die jetzt für die Wahllisten umworben werden, zuvor zu Gunsten von Parteigängern aus den Vorschlagslisten für das Schöffenamt rausgeworfen hat?

Götz Schimmack

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