Eine Konglomerat Williger aus Parteien und Verwaltung, haben sich am vergangenen Freitag in Suderburg zu einer Handlungsweise hinreißen lassen, die ihrer nicht würdig ist. Sie haben sich dabei auf eine Stufe mit Vandalen oder Grabsteinumschubsern gestellt und für Verstörung im Ort gesorgt.
In einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ wurde der Anbau der alten Schule in Suderburg niedergerissen. Wer das Kommando gegeben hat, ob eine Abrissgenehmigung vorlag – und wie sie bei der rechtlichen Lage zustande gekommen sein kann, ist noch unklar.
Fest steht, dass die Verantwortlichen ermittelt und zur Verantwortung gezogen werden müssen, denn wir befinden uns hier nicht in einem rechtsfreien Raum. Das Bürgerbegehren lässt die rechtlichen Aspekte prüfen. Es ist der Meinung, dass man so nicht mit 520 wahlberechtigten Bürgern und Unterschriftengeber umgehen kann.
Gefahr in Verzug?
Im Grauen des vergangenen Freitagabend, fuhr ein Bagger gegen 19.00 Uhr durch Suderburgs beginnendes Wochenende zur alten Schule. Die Nachbarn in der Umgebung staunten nicht schlecht, als er dort auf dem Hof stoppte und den Anbau des Schulgebäudes kurzerhand in Trümmer legte.
Dabei ging mehr zu Bruch, als der Plan des Architekten hergab: Der Versorgungsraum mit Gasanschluss und Heizung ist jetzt, ohne Dach und Decke, ungeschützt der Witterung preisgegeben. Dafür fehlt die Abrissgenehmigung und so bleibt die Frage, wer für den entstandenen Schaden und die Wiederherstellungskosten geradesteht.
Es ging aber noch mehr als Mauerwerk zu Bruch: Das Vertrauen in Rat und Verwaltung, der Glaube an ein Kooperationsprinzip ist erschüttert. Das Prinzip Recht und Ordnung wurde infrage gestellt. Wer soll sich noch an Gesetze halten, wenn es nicht mal die Nomenklatura tut?
Geheimer Beschluss des VA: Bürgerbegehren ungültig
Vorangegangen war eine Ratssitzung am Donnerstag (24.06.2021), auf deren Tagesordnung per Nachtragseinladung der Tagesordnungspunkt 11 – „Weiteres Vorgehen zur Schaffung von Krippenplätzen in der Kindertagesstätte Suderburg, hier: Auswahl der Varianten und Bauweise aufgrund einer neuen Sachlage“ – angekündigt wurde.
Wie sich herausstellte, war das Bürgerbegehren zur Rettung der alten Schule auf einer (geheimen) Verwaltungsausschusssitzung am Montag (21.06.2021) für ungültig erklärt worden, weil ein Antrag auf eine epidemiebedingte Verlängerung der Unterschriftensammlung nicht gestellt worden ist.
Bemerkenswert: das Bürgerbegehren wusste von all dem nichts, denn die Mitglieder des VA dürfen über ihre Sitzungen nicht sprechen. Darüber hinaus:
– wurde der Beschluss dem Bürgerbegehren weder mitgeteilt,
– noch offiziell zugestellt.
– Das Bürgerbegehren wurde auch nicht gehört, weder vor der VA-Sitzung noch hinterher.
– Eine Einladung zur Ratssitzung angesichts der besonderen Lage erfolgte ebenfalls nicht.
– Fristen für Rechtsmittel wurden nicht berücksichtigt.
Gerade hinsichtlich des letzten Punktes hätte der Tagesordnungspunkt in dieser Form nicht stattfinden dürfen.
Gleiches gilt für den jetzt erfolgten Abriss, weil die Fristen für Rechtsmittel gegen den VA-Beschluss weder berücksichtigt noch ausgelaufen sind.
Angst vor demokratischen Regeln
Rat und Verwaltung hatten Angst davor, dass das Bürgerbegehren – trotz eingeleitetem Legitimationsentzug durch Verwaltungsausschuss und Rat – ein weiteres Mal in die Abriss-Planungen des Gemeinderates grätscht. Das Recht dazu ergibt sich auch in diesem Fall aus dem Gesetz.
Sie wussten also, dass ihre Beschlüsse auf dürren Beinchen standen, deshalb hatten sie „die Hosen voll“ und wollten irreversible Fakten schaffen – Recht und Gesetz waren ihnen dabei egal.
520 Unterschriften. Was ist schiefgelaufen?
Nachdem das Bürgerbegehren Anfang November 2020 beantragt und genehmigt worden war, kamen innerhalb von zwei Wochen über die Hälfte der benötigten Unterschriften zusammen. Dann kam eine Hiobsbotschaft aus der Verwaltung:
(1.) Dem Begehren drohte die Ungültigkeit, weil ein Ratsmitglied und ein beratendes Bauausschussmitglied als vertretungsberechtigte Personen benannt worden waren – das ist nicht statthaft.
Die Verwaltung (namentlich Ordnungsamtsleiter und stellv. Gemeindedirektor Reinald Müller) hatte den Antrag ausführlich geprüft, das übersehen und nach anderen kleineren Änderungen den Antrag für gültig erklärt. Der VA beschloss darauf ebenfalls die Gültigkeit.
Die Umstände und Probleme hatte das Bürgerbegehren – und bei diesen Fehlern und Versäumnissen der Verwaltung blieb es nicht…
Zwei neue Vertretungsberechtigte wurden benannt, die alten Unterschriften eingestampft und – nach erneuter Freigabe durch Ordnungsamtsleiter Reinald Müller und dem VA – neue gedruckt.
(2.) Es gibt drei vertretungsberechtigte Personen im Bürgerbegehren. Die Information, dass das zweite Begehren zugelassen war, ging jedoch nur an eine dieser drei Personen. Die anderen wurden nicht informiert. Es gab keinen Postzustellungsvermerk und in dem Schreiben wurden keine Fristen genannt.
Laut dem Verein „Mehr Demokratie e.V.“, Landesverband Bremen/Niedersachsen, der in seine Informationen aus den Gesetzen zusätzlich mit Urteilen aus der Rechtsprechung ergänzt, gilt der Beginn der Unterschriftensammlung erst mit dem Tag, an dem die Gültigkeit eines Bürgerbegehrens durch die Verwaltung öffentlich bekannt gemacht wurde. Eine eigene Internetseite reicht dazu aber nicht aus.
Da unser Bürgerbegehren nicht öffentlich bekannt gegeben wurde, hat es demnach offiziell noch nicht begonnen?
Ein ganz wichtiger Punkt: Der Gesetzgeber hat vorgesehen, dass der Hauptverwaltungsbeamte das Bürgerbegehren auf Antrag in rechtlichen und formalen Fragen beraten muss. Dieser Antrag wurde vom Suderburger Bürgerbegehren gestellt, um das Verfahren abzusichern, weil die Vorschriften und Paragraphen von Laien nicht übersehen werden können.
(3.) Diesem schriftlichen Antrag des Bürgerbegehrens, vom Hauptverwaltungsbeamten in rechtlichen und formalen Fragen beraten zu werden, wurde jedoch nicht nachgekommen. Spätestens bei einem real drohenden Fristversäumnis hätte es deshalb einen Hinweis geben müssen! So, wie sich die Sache darstellt, wurde er vorsätzlich unterlassen.
Verlängerung des Begehrens aufgrund epidemischer Lage
Das Niedersächsische Innenministerium hat erkannt, dass die Corona-Pandemie auch Einfluss auf Bürgerbegehren nimmt. Kontaktverbote machen zeitweise eine Sammlung von Unterschriften unmöglich.
Aus diesem Grund wurden im Paragraphen 182 Sonderregelungen für epidemische Lagen geschaffen.
In einer dazu gehörigen Handlungsanweisung des Ministeriums steht, dass der Hauptausschuss die Frist zur Einreichung der Unterschriften auf entsprechenden Antrag zu verlängern hat, solange eine epidemische Lage festgestellt ist.
A) Dabei ist nicht ausdrücklich geregelt, bis zu welchem Zeitpunkt ein Antrag auf Verlängerung der Frist zur Durchführung eines Bürgerentscheids gestellt werden kann…
B) nur, dass erst nach Festlegung des Abstimmungstages ein gestellter Antrag nicht mehr zulässig ist.
Die Entscheidung zur Ungültigkeit unseres Bürgerbegehrens wurde durch VA und Verwaltung damit begründet, dass ein Verlängerungsantrag nicht fristgerecht gestellt wurde.
Grundsätzlich stimmt, dass der Antrag bisher noch nicht gestellt wurde, aber weil die epidemische Lage nach wie vor gilt, kann auch das Bürgerbegehren nicht verfristet sein, denn der Antrag kann ja jederzeit noch gestellt werden.
Ein Hauptverwaltungsbeamter rennt dem Bürgerbegehren nicht hinterher
All diese Punkte wurden dem Rat und der Verwaltung in der ersten Bürgerfragestunde der Ratssitzung vorgetragen.
Rainald Müller konterte sie mit einem Wust aus Paragraphen und deren Absätzen. Verstehen, nachvollziehen oder prüfen konnte das außer dem Ratsmitglied und Juristen Götz Schimmack niemand. Der kommentierte Müllers Paragraphen-Erguss mit: „Größtenteils Blödsinn…“
Samtgemeindebürgermeister und Suderburgs Gemeindedirektor Schulz äußerte sich anschließend zum Vorwurf, er als Hauptverwaltungsbeamter wäre seiner Beratungspflicht nicht nachgekommen:
„Ich muss dem Bürgerbegehren doch nicht hinterher rennen – wenn sie was wissen wollen können sie ja fragen“…
Das Wahrnehmen eines Beratungs-Gebotes sieht anders aus. Es soll ja ausdrücklich fehlenden rechtlichen oder fachlichen Wissenslücken abhelfen.
Eine kurzer Hinweis hätte genügt, und die Situation wäre nicht entstanden, denn die Vertretungsberechtigten sind bei der Verlängerungsregelung 1. immer von einem Automatismus ausgegangen und 2. siehe oben…
Das ist im Übrigen auch dadurch untermauert, dass die Verlängerung des Begehrens auf der Ratssitzung im März verschiedentlich erwähnt wurde. U.a. von Gemeindedirektor Thomas Schulz, der es als verlängernden Faktor für das Planungsverfahrens beschrieb. Das die Verlängerung gewünscht wurde, ist damit dokumentiert. Durch die Äußerungen von Schulz könnte das sogar im weitesten Sinne als formloser Antrag gewertet werden.
520 Unterschriften = 520 Wahlberechtigte
Die Abgeodnete der GRÜNEN, Christine Kohnke-Löbert machte im Tagesordnungspunkt dann einen Vorschlag, der bei einem bisschen gutem Willen zu einem konstruktiven Abschluss der Angelegenheit hätte führen können.
„Wir dürfen die Menge der Unterschriften nicht vergessen und könnten uns doch auf den Abriss des Schulanbaus einigen, um dann den Neubau der Krippe optimal zwischen die bestehende Krippe und die alten Schule zu bauen.“ (Das war auch der Vorschlag des Architekten.) „Die alte Schule kann dann erst einmal leer stehen bleiben und später können wir über eine sinnvolle Nutzung des Gebäudes nachdenken“.
Ein ähnlicher Vorschlag war seitens des Bürgerbegehren auf der Ratssitzung im März gemacht worden, unter der Bedingung, dass die alte Schule erhalten bleibt und eine sinnvolle Nutzung erhält.
„Ich-Udo“, „Schnellstens-Pellnath“, „Abriss-Luther“ und Co. …
Was dem Beitrag Kohnkes folgte, kennt man eher aus AfD-Auftritten. Lautstarke Auftritte, aggressive, markige Sprüche…
Vorneweg Udo Depner (CDU), der mit dem Rücken zu Rat und Zuschauern förmlich nach vorne „stelzte“ und mehrfach „zelebrierte“: „Ich . . . Udo . . . Depner“ . . . „ich stelle jetzt einen Antrag“ . . . „Udo . . . Depner . . . stellt jetzt einen Antrag“.
„Ich-Udo“ folgte „Schnellstens-Pellnath“ mit martialisch und lautstark: „Die alte Schule muss schnellstens weg“…
Danach die anderen, laut und fordernd: „Der Anbau muss weg. Die Schule muss weg. Abriss. JETZT. Gleich.“
Warum, sagte niemand…
Das sagt schon seit der Sitzung im letzten Jahr im Herbst, bei Spiller, niemand und die Stimmung wird seither immer aggressiver zum Thema. Sie gipfelte ja bereits vor einiger Zeit mit dem Spruch des „WSL-Abriss-Luther“: „Dann reißen wir das Ding eben ohne Genehmigung ab – so hoch kann die Strafe doch nicht sein…“.
Jetzt war es also so weit!
Kommunalwahlen stehen vor der Tür
Rat und Verwaltung werden sich nun auf die Position zurückziehen, dass es zu der Angelegenheit einen VA- und einen Ratsbeschluss gibt. Und natürlich können sie mit ihren Mehrheiten beschließen was sie möchten. Aber auch sie müssen sich dabei an Regeln halten. Die wurden hier auf eklatante Weise und mit brachialen Mitteln verletzt.
Solche Aktionen, wie der zu diesem Zeitpunkt unrechtmäßige heimliche Abriss der alten Schule, können von keinem Demokraten gutgeheißen werden. Die Verantwortung dafür trägt jedes einzelne Ratsmitglied, wenn es solche Aktionen duldet.
Demnächst sind Kommunal- und Samtgemeindebürgermeisterwahlen.
Die 520 Unterschriften der 520 Wahlberechtigten werden hierbei sicher ein Faktor sein.
Für sie hier die Namen der Ratsmitglieder, die für den Abriss gestimmt haben:
Dagmar Hillmer, Bürgermeisterin, CDU
Gisela Baum, Stellvertretende Bürgermeisterin, WSL
Ulrich Mietzner, Stellvertretender Bürgermeister, SPD
Reinhard Dehrmann, Ratsherr, WSL
Udo Depner, Ratsherr, CDU
Hans-Jürgen Drögemüller, Ratsherr, SPD
Lars Feuerhake, Ratsherr, CDU
Michael Luther, Ratsherr, WSL
Dierk Pellnath Ratsherr, Gruppe
Karsten Scherer, Ratsherr, CDU
Gegen den Abriss stimmten:
Christine Kohnke-Löbert, Ratsfrau, Grüne
Hinrich Müller, Ratsherr, SPD
Götz Schimmack, Ratsherr, Gruppe
Nicht anwesend waren:
Jan Stolze, Ratsherr, CDU
Werner Warnke, Ratsherr, Grüne
Titelfoto: Montage
P.S.: Nachdem auf facebook die Frage aufgeworfen wurde:
„… warum auf der „Fotomontage“ die Leute Patches von Bikern anhaben? Sind also alle Biker als „Halbstarke“ anzusehen oder „kriminell“?“, sind auf der Montage jetzt Jeans abgebildet denn eine solche Aussage war weder gedacht noch beabsichtigt. Sorry dafür!
Andreas Paschko
Die über 500 Unterschriften (auf rosa Zetteln) liegen im Rathaus. Bitte gerne dort nachfragen.
Und die neue Unterschriftensammlung (grüne Zettel) läuft seit einigen Wochen und wird sicher demnächst mit ausreichend Unterschriften erfolgreich abgeschlossen.
Moin,
ich kann es kaum glauben, dass über 500 Unterschriften vorlagen. Viel wurde über die Abrissgenehmigung hier gepostet und böses erwachen der Wahl in Angriff genommen. Mich wundert es nur nach der Wahl, dass diejenigen nicht viel Stimmen erhalten haben.
Ist mir nur so aufgefallen und bin auch nicht einer der stänkert, aber wenn man nur Kritik erteilt, muss man auch mit dem Ergebnis leben können.
Welcher Trottel hat denn die Unterschriften nicht abgegeben. Wenn über 500 Unterschriften vorlagen, wäre es doch die normalste Sache der Welt die Abgabe in der Verwaltung gewesen. Die Verwaltung hat doch nur auf diesen Fehler gewartet.
Aufgrund der Pandemie war eine normale Unterschriftensammlung mit Besuchen bei Bürgern nicht möglich und behinderte das Bürgerbegehren außerordentlich. Wir waren in den letzten Wochen damit beschäftigt, die wegen der Coronalage nach dem Schneeballsystem verteilten Formulare der Sammlung zurückzuholen und auszuwerten. Insofern lagen da noch keine 500 Unterschriften vor – und da immer auch noch ungültige Unterschriften bei der Überprüfung durch die Gemeinde abgezogen werden, konnten wir nicht endgültig sicher sein, dass die Unterschriften reichen.
Hätten dann z.B. fünf Unterschriften gefehlt, wären wir ganz sicher ebenfalls als Trottel bezeichnet worden…
Erst nachdem wir nun sicher sein konnten, dass die notwendige Anzahl der Unterschriften erreicht ist, haben wir die Listen an die Verwaltung geschickt und die Verlängerung der Unterschriftensammlung zum Ausgleich der pandemiebedingten, erschwerten Umstände beantragt. Dabei haben wir uns auf § 182 Absatz 3 NKomVG, sowie die Auslegungshinweise des Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport (Andreas Jasper) berufen – alle Infos dazu stehen im Artikel.
Ob der Vorwurf der Trotteligkeit berechtigt ist, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Warten wir es ab…
Ich bin einfach fassungslos! Von unserer Seite des Bürgerbegehrens haben wir uns für gerechte Behandlung dieses Problems eingesetzt – denn über 520 Bürger und Wahlberechtigte haben auch Ihre Meinung zum Abriss der alten Schule abgegeben – nun wurden Alle übergangen! Nach Rekonstruktion der Vorbereitung für eine Abrissgenehmigung, sofern sie wirklich vorlag, muss man zu dem Ergebnis kommen, dass hier hinterhältige Pläne im Spiel waren, denn das Abbruchunternehmen Leske muss sich ja den Termin „Freitagspätnachmittag“ einplanen! Der Antrag auf Abriss wurde ja erst Donnerstagabend von Herrn Deppner in der Ratssitzung gestellt! Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Ohne Worte!!!
Ich kann es nicht glauben, was ich soeben gelesen habe! Selbst wenn ich unterstelle, dass an der einen oder anderen Stelle ev etwas überspitzt formuliert wurde, bleiben doch Fakten und Zitate, die mich rat- und fassungslos auf das Gelesene starren lassen. So sind wir denn hier hingekommen?!!