Landrat und Gemeinden appellieren an Bundes- und Landespolitik. Vor dem Hintergrund rapide ansteigender Asylbewerberzahlen hat Landrat Dr. Heiko Blume zu einem Meinungs- und Informationsaustausch eingeladen. Im Rahmen dieser Veranstaltung, der die Hauptverwaltungsbeamten der Samtgemeinden, der Stadt Uelzen und der Gemeinde Bienenbüttel, die ehrenamtlichen Bürgermeister der Gemeinden und auch die Abgeordneten Henning Otte (MdB, CDU), Jörg Hillmer (MdL, CDU) und Heinrich Scholing (MdL, Bündnis 90/Die Grünen) gefolgt waren, wurden die Entwicklung der Zuwandererzahlen, und die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Unterbringung und der Betreuung von Asylbewerbern erörtert. Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport, zuständiges Ministerium für den Bereich Flüchtlinge, war der Einladung leider nicht gefolgt.
Der Erste Kreisrat Uwe Liestmann führte in das Thema ein und präsentierte gemeinsam mit dem Leiter des Sozialamtes des Landkreises Werner Marienfeld Zahlen, Daten und Fakten zur Unterbringung der Flüchtlinge und Asylbewerber im Landkreis. Danach sind im Jahr 2014 60 % mehr Asylbewerber zu verzeichnen gewesen als noch in 2013. Im Jahr 2015 ist bundesweit mit einer Zunahme von 100% zu rechnen; waren es im Jahre 2014 noch 202.800 sind nach den derzeitigen Prognosen in 2015 ca. 400.000 Asylbewerber zu erwarten. Über den sogenannten „Königsteiner Schlüssel“ werden die Asylbewerber zunächst auf die Bundesländer und anschließend auf die Landkreise und Städte verteilt.
Gegenwärtig sind im Landkreis Uelzen 467 Asylbewerber aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern untergebracht. In diesem Jahr sind aus den Zuweisungen des Landes noch 341 aufzunehmen; für die Neuzuweisung der Jahre 2015/2016 sind weitere 1.000 zu erwarten. Diese Zahlen stellen den Landkreis vor gewaltige Herausforderungen, wie Werner Marienfeld betonte. Sei am Anfang noch eine dezentrale Unterbringung in angemieteten Wohnungen möglich gewesen, komme man in Anbetracht dieser Zahlen nicht mehr um die Einrichtung von Gemeinschaftsunterkünften herum. Um auch hierbei die notwendige Integration der Menschen zu fördern, werden in den neuen Gemeinschaftsunterkünften auch Sozialarbeiter und Hausmeister präsent sein.
Eine zentrale Forderung von Landrat Dr. Blume und auch der übrigen kommunalen Vertreter ist eine auskömmliche und zeitnahe Erstattung der Kosten. Derzeitig beinhalten die vom Land bereitgestellten Finanzmittel in Höhe von 6.195,- EUR je Person und Jahr lediglich Ansätze für Unterkunft, Bekleidung und Ernährung. Finanziert werden muss daraus auch eine medizinische Grund- d.h. im wesentlichen Notfallversorgung. Alle weiteren Leistungen für die soziale Integration der Flüchtlinge wie die Finanzierung von Sprachkursen oder durch das Vorhalten der neu eingerichteten Koordinierungsstelle für Migration und Teilhabe aber auch von Sozialarbeit im Allgemeinen wird durch den Landkreis getragen. Landrat Dr. Blume betonte hierbei, dass der Landkreis trotz der immensen finanziellen Belastung auch zukünftig das Notwendige anpacken werde. Ein Appel ging aber auch an die anwesenden Bürgermeister, dem Landkreis geeignete Unterkünfte und Flächen zur Unterbringung von Flüchtlingen zu benennen. Diese hätten oftmals den besseren Blick dafür, ob und inwieweit in ihren Gemeinden geeignete Liegenschaften vorhanden seien.
Im Rahmen der Veranstaltung überreichten Dr. Blume und Harald Benecke, Bürgermeister der Samtgemeinde Aue und Geschäftsführer des Kreisverbandes Uelzen des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes (NSGB), den anwesenden Bundes- und Landtagsabgeordneten die „Bad Nenndorfer Erklärung zum Asyl- und Zuwanderungsrecht“ des Niedersächsischen Landkreistages sowie ein entsprechendes Positionspapier des NSGB. In diesen Entschließungen betonen die kommunalen Spitzenverbände ihr Eintreten für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft, mahnen im Hinblick auf die drastische Zunahme der Asylbewerber von Bund und Land aber die notwendige Unterstützung an. Der Bund müsse insbesondere dafür sorgen, dass Asylanträge zeitnah bearbeitet werden. Dem Land wurde ins Buch geschrieben, dass die Kostenpauschale pro Asylbewerber endlich den realen Verhältnissen anzupassen sei und neben den Grundleistungen auch Mittel für soziale Betreuung und sprachliche Förderung beinhalten müsse. Sowohl der Bund als auch das Land werden zudem aufgefordert, Sorge dafür zu tragen, dass abgelehnte Asylbewerber zeitnah in ihre Heimatländer zurückgeführt werden. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass die steigende Zuwanderung zu einer gesellschaftlichen Überforderung führe, was unbedingt vermieden werden müsse.