Wurzeldruck…

Es ist unbestritten, dass Bäume Schäden anrichten können. Im Laufe der Zeit, auf der Suche nach Wasser, Nährstoffen und Halt können sie armdicke Wurzeln ausbilden und damit Mauern, Straßen und Wege anheben. Insofern ist jeder gut beraten, das in seine Planungen mit einzubeziehen, wenn Bäume gepflanzt werden sollen.

Genauso unbestritten ist, dass Bäume vielfältige Funktionen im Ökosystem haben, sie sind Kohlenstoffspeicher, wandeln Kohlendioxid in Sauerstoff um, senken den Treibhauseffekt und tragen zur Stabilisierung des Klimas bei. Baumschutz ist Klimaschutz.

In vielen Gesellschaften ist das bereits angekommen, aber nur einige handeln auch konsequent danach. Beispielsweise Schweden. Hier geht man über den ersten Schritt (Stichwort Baumschutzsatzung), „du darfst nicht ohne Grund einen Baum ab einer gewissen Stammstärke fällen“ hinaus und einen Schritt weiter. Jeder, der auf seinem Grund und Boden Bäume hat, ist verpflichtet diese sachgerecht zu pflegen, und alles zu unternehmen damit es dem einzelnen Baum gut geht und er keinen Schaden nimmt. Die Unterlassung von Baumpflegemaßnahmen ist bereits ein Gesetzesverstoß. In Schweden haben kletternde Baumpfleger seit Jahren Hochkonjunktur.

Bei uns ist es jeder Kommune freigestellt, sich eine Baumschutzsatzung zu geben, oder nicht. Uelzen hat eine, Suderburg, Gerdau und Eimke nicht. Die Gegner von Baumschutzsatzungen begründen ihre Ablehnung häufig mit dem Argument, dass eine Satzung ihre persönlich Freiheit einschränkt. Auf ihrem Grund und Boden wollen sie selbst bestimmen was geschieht. Solange es sich bei ihnen um verantwortungsvolle Zeitgenossen handelt, kann man sich sogar hinter dieses Argument stellen. Ein gutes Beispiel dafür (und es gibt tatsächlich noch einige mehr) ist in Suderburg Wilhelm P. Auf seiner Hofstelle stehen uralte Eichen wie „Haare auf dem Hund“. Trotz starker Beschattung im Sommer und reichlich Laub im Herbst würde Wilhelm sich vermutlich eher ein Bein abhacken, als Hand an eine seiner Eichen zu legen. Wilhem braucht keine Baumschutzsatzung…

Es gibt aber auch reichlich andere Beispiele in Suderburg, bei denen z.B. nach Eigentümerwechsel, ruckzuck, jahrhundertealte ortsprägende Eichen einfach umgelegt wurden. Begründung: das viele Laub und zuviel Schatten… Solche einsamen Entscheidungen sind nicht wiedergutzumachen und dagegen kommt man ohne Baumschutzsatzungen nicht an.

Wer nun glaubt, dass ohne die entsprechende Satzung zumindestens Bäume geschützt sind, die auf öffentlichem Grund wachsen, ist auf dem Holzweg. Auch Gemeinden gehen manchmal rücksichtslos mit ihrem Baumbestand um. Das Argument: Wurzeldruck. Er hebt die Wege an und macht alles kaputt.

Eigentlich bezeichnet der Begriff „Wurzeldruck“ etwas ganz anderes. Gemeint ist der hydrostatische Druck des Saftstromes im holzigen Leitgewebe höherer Pflanzen. Er dient dem Transport von Wasser, Salzen und Nährstoffen. Dieses „holzige Leitgewebe“ übernimmt gleichzeitig auch die Stützfunktion für die Pflanze und nennt sich umgangssprachlich: Wurzel.

Wurzel2In Gerdau herrscht gerade großer Wurzeldruck. Dort soll auf Antrag der/des Anwohner/s an der Ecke Groß-Süstedter-Weg/Krempelweg demnächst eine Eiche gefällt werden, weil sie einen Teil des Bürgersteigs anhebt. Eine berechtigte Forderung?

Schaut man sich die Situation vor Ort an, ist deutlich eine Wölbung des Pflasters zu sehen, siehe Titelfoto. Gefährlich oder unzumutbar ist diese aber nicht. Da gibt es andere Beispiele von Bäumen, die ihre nähere Umgebung erheblich mehr „verwerfen“ (Foto links).

Warum also diesen Baum fällen, fragen sich viele. Vermutet wird, dass vielmehr das anfallende Laub der Grund ist, die Eiche zu entsorgen.

Auch in der Bürgerfragestunde des Bauausschusses in Gerdau wurde danach gefragt und der Antrag gestellt, dass sich der Rat der Gemeinde Gerdau mit dem Thema befasst.
Im Protokoll der Sitzung findet sich nun folgender „Beschluss“:

[toggle state=“open“ title=“Beschluss des Bauausschusses zur Einwohnerfragestunde:“]

4.1 Herr Fritz Kaune fragt nach, ob die Baumfällung in Gerdau mit der Naturschutzbeauftragten abgesprochen ist. Weiterhin fragt er nach ob diese Fällung wirklich erforderlich ist, da er die vorgebrachten Argumente von Bürgermeister Volker Schulz für fragwürdig hält. Herr Fritz Kaune möchte das sich der Rat der Gemeinde Gerdau mit dieser Baumfällung auseinander setzt.

4.2 Herr Fritz Kaune fragt nach, ob die Beschlussfassung für seinen Antrag zur Laub- und Schnittgutbeseitigung geändert werden könnte. Herr Fritz Kaune führt dazu aus, dass er in der momentanen Beschlussfassung keine Lösung des Problems sieht.

Ausschussvorsitzende Elvira Hentschke führt aus, dass Herr Peters vom Landkreis Uelzen Stellung nehmen wird und erteilt Herrn Peters das Wort.

Herr Peters vom Landkreis Uelzen führt aus, dass die Entsorgung von Laub und Schnittgut Aufgabe des Landkreis Uelzen ist. Herr Peters stellt die verschiedenen Möglichkeiten zur Entsorgung von dem oben genannten Abfall vor. Auf Grund dieser Vorstellung ist eine normale Komposttonne mit 14-tägiger Lehrung oder Abfuhr auf Abruf, ein Container bis zur Größe von 660 l oder die Ablieferung in Borg möglich.

Weiterhin berichtet Herr Peters, dass ein dezentrales Annahmesystem vom Landkreis Uelzen nicht vorgesehen ist, da die Gefahr besteht das nicht nur Schnittgut sondern auch vieles mehr angefahren wird.

4.3 Herr Fritz Kaune fragt nach, ob der beschädigte Laternenmast in Bohlsen schon bekannt sei und dieser zur Reparatur beauftragt wurde.

Ausschussvorsitzende Elvira Hentschke berichtet, dass dieser Laternenmast bereits zur Reparatur beauftragt ist.

[/toggle]

So what? Wurde der Antrag nicht ernstgenommen? Was wurde denn nun beschlossen???

6 Kommentare

  1. Suderburger Antworten

    Ja, eine ganz bittere Geschichte!
    Man freut sich über das Grün der Bäume, wenn sie im Frühjahr die triste Jahreszeit verscheuchen, über den Schatten im Sommer, wenn es mal unerträglich heiß ist und über die schönen, bunten Farben im Herbst. Aber wenn dann das Laub fällt, ist das nur noch lästig…
    Wie schwach ist eigentlich dieser Rat in Gerdau, egal welch politischer Coleur, dass er nicht das Kreuz hat solchen Bürgeransinnen im Sinne der Allgemeinheit zu wiederstehen?

  2. Susanne Leske Antworten

    „Zu fällen einen schönen Baum braucht’s eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenk es, ein Jahrhundert.“

    Eugen Roth

  3. Naturfreund Antworten

    „Es ist unbestritten, dass Bäume Schäden anrichten können.“ , so zu lesen im Artikel WURZELDRUCK. Dass Menschen noch weitaus größere Schäden anrichten, ist bittere Realität. Das scheint in Gerdau mittlerweile gang und gäbe zu sein.

  4. Werner Bollhorn Antworten

    Der Wurzeldruck war einfach zu mächtig. Der Baum ist gefallen.
    Die Kettensäge hat alle von jeglichen weiteren Diskussionen entlastet.
    Der neue Gerdauer Bürgermeister hat anscheinend vergessen, dass er zugesagt hatte das Für und Wider noch einmal mit Fachleuten zu beraten.
    Auch neue Gesichter ändern am eingeführten Gerdauer Landrecht offensichtlich nichts.

  5. BesorgterBürger Antworten

    Wenn man die Bilder vergleicht, scheint die „Wurzeldruckanhebung“ beim Schlachterbaum so schlimm nicht zu sein. Andere Bürgersteige hätten dann längst saniert werden müssen, da dort die Wurzeln der Bäume wirklich zu gefährlichen Verwerfungen geführt haben. Folglich scheint die Argumentation für das Fällen des Eichbaums sehr fadenscheinig zu sein. Also was tun? – Lieber Herr Bürgermeister, liebe Ratsdamen und Herren – nehmt Euch bitte des Themas noch einmal an und findet eine andere Lösung – Geld ist in der Kasse, warum nicht z.B. das Niveau des Steigs erhöhen? Dann aber auch bitte an den anderen gefährlichen Stellen, die es in allen Dörfern gibt. Nicht, dass noch jemand zu Fall kommt und dann Regressforderungen an die Gemeinde stellt. Das wird um einiges teurer, als die Reparatur der Wegestücke. Diese wird außerdem noch günstiger zu bewerkstelligen sein, als die Risikofällung, das Herausfräsen der Wurzeln und die anschließende Reparatur des zerstörten Wegestücks (zumal dann das „Loch“ im Weg noch zugepflastert werden muss!).

  6. CDU-Beobachter Antworten

    Nichts!
    Aber fleißig die Hand gehoben.

    Ausschussmitglied Werner Meumann regt die Änderung des Beschlussvorschlages wie folgt an: Der Rat der Gemeinde Gerdau nimmt den Brief von Herrn Kaune zur Kenntnis und bemüht sich eine Lösung zu finden.
    Diese Änderung wird mit 2 Ja –Stimmen und 3 Nein – Stimmen abgelehnt.

    Weiterhin schlägt Ausschussvorsitzende Elvira Hentschke vor, den Beschlussvorschlag auf den ersten Halbsatz abzukürzen.
    Diese Änderung wird mit 3 Ja – Stimmen und 2 Nein – Stimmen angenommen.

    Beschluss:
    Der Bau-, Wege- und Umweltausschuss schlägt dem Verwaltungsausschuss und wiederum dem Rat der Gemeinde Gerdau vor, folgenden Beschluss zu fassen:
    Der Rat der Gemeinde Gerdau nimmt den Brief von Herrn Kaune zur Kenntnis.
    Abstimmungsergebnis: 3 Ja – Stimmen 2 Nein – Stimmen

    Beschlussvorschlag der Verwaltung:
    Der Bau-, Wege- und Umweltausschuss schlägt dem Verwaltungsausschuss und wiederum dem Rat der Gemeinde Gerdau vor, folgenden Beschluss zu fassen:
    Der Rat der Gemeinde Gerdau nimmt die Anregung zur Kenntnis und beschließt, keine Änderungen der bestehenden Verfahrensweise vorzunehmen.

    Ist so in Protokoll und Vorlage nachzulesen.
    Ganz leise kommt der Verdacht auf, Ideen und Vorschläge von Bürgern stören die Gerdauer Ratsmehrheit.

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