In den letzten Tagen gab es erschreckende Meldungen. Eine große Anzahl von Flüchtlingen wurden mit schweren Vergiftungserscheinungen durch selbstgesammelte Pilzen in verschiedene Krankenhäuser eingeliefert und rangen dort um ihr Leben. Das Problem: Der hiesige hochgiftige Knollenblätterpilz ähnelt einem syrischen Speisepilz auf fatale Weise.
Die Behörden druckten sofort Warnplakate in verschiedenen Sprachen und baten um Weiterleitung in die Flüchtlingsunterkünfte. In Suderburg wurden den hier untergebrachten spontan gemeinsame Pilzsammlungen angeboten, um sie zu schulen und ihnen die essbaren Pilze näher zu bringen. Hier ein Bericht von Heike Winkelmann von der „Willkommen-Gruppe“:
Anlässlich der Meldungen über Vergiftungen durch den Knollenblätterpilz, welche überwiegend bei Flüchtlingen festgestellt wurden, fühlten auch wir uns verpflichtet, umgehend zu handeln. Per Mail erhielten wir von Josefin zum Felde die Plakate mit der Warnung vor besagtem Pilz, die wir ausgedruckt und in den Gemeinschaftsunterkünften in den verschiedensten Sprachen verteilten. Zeitgleich sollte eine erste Führung „Pilze kennen lernen“ stattfinden. Olaf Bruns bot spontan seine Unterstützung an, mit dem Hinweis, dass er kein Experte sei, dennoch den einen oder anderen essbaren Pilz kenne. Das sollte für unsere erste Exkursion genügen, denn auch die sprachliche und kulturelle Orientierung ist ein wichtiger Bestandteil aller unserer Begegnungen.
Recht kurzfristig wurden kleine Flyer gedruckt und verteilt. Als am Folgetag um 14 Uhr kein Teilnehmer zu sehen war, wurde die eigene Spontanität in Frage gestellt.
Da unsere neuen Bürger jedoch gebildete Menschen sind, ist auch ihnen die akademische Viertelstunde vermutlich nicht unbekannt, denn plötzlich kamen sie von allen Seiten zum Treffpunkt geradelt.
Im Wald angekommen wurde jedes der Fundstücke von Herrn Bruns in englischer Sprache benannt und nach Möglichkeit auch beschrieben. Es ging sogar so weit, dass ein essbarer Pilz gefunden wurde, der, wenn man ihn verzehrt, das Blut verdünnt. Pilze, die ins Körbchen durften, bekamen für die spätere Hausaufgabe einen Pin mit der jeweils deutschen Bezeichnung.
Löcher, die wir im Boden entdeckten, gaben Rätsel auf. Während die sudanesischen Waldbesucher darin Schlangen vermuteten, waren die syrischen sich sicher, dass es sich bei den Bewohnern um Erdhörnchen handelt, wir jedoch eher auf Kaninchen tippten. Da sie Kaninchen nicht kannten, einigten wir uns auf einen kleinen Hasen.
Dieser außerordentlich informative Streifzug, lustig und nachdenklich, hat vermutlich uns allen in mancher Hinsicht die Sinne geschärft.
Heike Winkelmann