Neues Gerdauer Bürgermeister-Maß: 1.000 qm bebaute Fläche

Ein Blick zurück: Auf der Bauausschusssitzung am 3.9.2012 hatte Rüdiger Lilije hinsichtlich der „Lückenkompetenz“ festgestellt, daß bisher alles richtig gelaufen sei, „aber wenn das so weiterläuft ist es falsch“). Und dabei ging es um die bisherige Handhabung bei der Erklärung des gemeindlichen Einvernehmens, z.B. wenn jemand ein Bauvorhaben plant und die Gemeinde dazu ihre Stellungnahme abgibt. Wird das Einvernehmen erklärt, ist es verbindlich und nicht zurückzuholen. Diese Lückenkompetenz hat bisher der Bürgermeister Otto Schröder für sich oder seine Vertreter beansprucht – als „Wahrnehmung von Geschäften der laufenden Verwaltung“.

Eigentlich bedeutet die Lückenkompetenz jedoch, dass immer der Verwaltungsausschuss (und nicht der Bürgermeister) zuständig ist, wenn keine Zuständigkeit eines anderen Gemeindeorgans besteht. Der Verwaltungsausschuss (VA) ist nun nicht nur bloß ein Ausschuss des Rates, sondern ein zwingend vorgeschriebenes, eigenständiges Organ der Gemeinde. Er hat eigene Aufgaben und Kompetenzen gegenüber dem Rat und dem Bürgermeister, der natürlich im VA gleich- und stimmberechtigtes Mitglied ist und dort den Vorsitz führt.

Ob die Lückenkompetenz per se einfach an den Bürgermeister delegiert werden kann, darüber kann mangels Paragraphen trefflich gestritten werden. Bei der Erklärung des Einvernehmens bei kleineren Baumaßnahmen (Carports, Anbauten etc.), dürfte es dazu auch wenig Probleme geben. Anders sieht es aus, wenn es sich um größere Baumaßnahmen handelt – unübliche, ortsbildprägende oder Nachbarschaften beeinträchtigende Maßnahmen. Hier sollte, nicht nur nach gesundem Menschenverstand, auf jeden Fall der VA beraten und sein Plazet abgeben. Völlig anders sieht es (aus der vor Ort wenig beachteten Bürgersicht) dann aus, wenn große, gewerbliche oder landwirtschaftliche Bauten errichtet werden sollen, oder Anlagen für die Massentierhaltung, die massive Einflüsse auf die unmittelbare Umwelt haben können. Dann sind alle betroffen und ein VA ist gut beraten, vor der Erklärung des Einvernehmens auch den Rat und die Bürger an der Entscheidung zu beteiligen.

In Gerdau standen, das Thema betreffend, zwei Anträge auf der Tagesordnung der Ratsitzung. Diese lief, nach Tagesordnungspunkten wohlgeordnet, thematisch ziemlich durcheinander ab. Dabei war Otto Schröder sicher nicht der einzige, der nach eigener Aussage allmählich den „Überblick verloren hat, über den Stand der Anträge“ – immerhin, er gab es wenigstens zu.

SPD und GRÜNE hatte eine Änderung der Hauptsatzung der Gemeinde Gerdau beantragt um die Geschäfte der laufenden Verwaltung neu zu regeln, und dabei die Paragraphen §3:

“ § 3 Aufgaben der Gemeinde (§ 4 NGO)
(1) Die Gemeinde ist zuständig für alle Aufgaben, die ihr in der NGO als Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zugewiesen sind.
(2) Folgende Aufgaben des eigenen und übertragenen Wirkungskreises werden der Samtgemeinde zur einvernehmlichen Erledigung mit der Gemeinde Gerdau übertragen: Finanzwesen, Bauleitplanung, Dorferneuerung einschließlich Regionalplanung Gerdautal, Bescheiderteilung Elternbeiträge Kindergarten, Wirtschaftsförderung.“

…und Paragraph §10 im Sinn:

“ § 10 Einwohnerversammlung
Der Bürgermeister unterrichtet die Einwohner in öffentlichen Sitzungen des Rates sowie durch Pressemitteilungen über wichtige Angelegenheiten der Gemeinde.
Der Bürgermeister unterrichtet die Einwohner in Einwohnerversammlungen für die Gemeinde oder für Dörfer umfassend über die Grundlagen, Ziele, Zwecke und Auswirkungen bei wichtigen Planungen und Vorhaben der Gemeinde. Dabei haben die Einwohner Gelegenheit zu Fragen und zur Meinungsäußerung und Anspruch auf Erörterung. Weitergehende Vorschriften über förmliche Beteiligungs- und Anhörungsverfahren bleiben unberührt.“

Über einen Kostenrahmen sollten die Entscheidungsmöglichkeiten für die Geschäfte der laufenden Verwaltung gedeckelt werden.

Für viele keine Überraschung, dieser Antrag wurde abgelehnt. Die Begründung von Stefan Kleuker (CDU): man hätte gut überlegt und beschlossen dass es besser sei, jetzt eine Übergangsregelung festzusetzen, bis der Entwurf der neuen Hauptsatzung vorliegt. Damit wäre man weiterhin handlungsfähig.

Friedhelm Schulz unterstütze dieses Argument. Der Städte- und Gemeindebund hätte eine allgemeingültige, rechtssichere Satzung erstellt, die man als Arbeitsgrundlage für eine neue Hauptsatzung nehmen könne. Im Übrigen hätte die jetzige Regelung den Vorteil, das sie jederzeit geändert werden könne, während eine Änderung der Hauptsatzung nicht einfach sei.
Ein Argument, das auch die SPD versteht. Unverständlich ist ihr dabei, daß die von ihr schon lange beantragte und angemahnte Erneuerung der Satzung bis heute nicht in Angriff genommen wurde – zumal ja nun offiziell bestätigt wurde, das es eine Vorlage des Städte- und Gemeindebund bereits gibt.

Abstimmergebnis gegen den SPD-Antrag 7 : 4

 

Die CDU wollte ihrerseits keine Kostengrenze, sondern eine Größenordnung festlegen. Und zwar für die bebaute Fläche, wie Stefan Kleuker erklärte. Dabei stellte er jedem Ratsmitglied frei, im Fall des Falles bei Bedenken oder Fragen auf den Bürgermeister zuzugehen.
Als ob das etwas nützen würde, denn im Zweifelsfall hat der das Einvernehmen dann bereits erklärt, wie die Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit zeigen. Es ändert sich also nichts, außer daß die bisher grenzwertige Verfahrensweise jetzt durch einen Ratsbeschluß gedeckt ist. Bedenklich dabei ist die Größe der besagten bebauten Fläche.

Geholfen, den anschließenden Beschluß zu akzeptieren, hat weder ein gewisser, süffisanten Unterton Kleukers, noch die Aussage Otto Schröders vor der Abstimmung „wir machen demokratisch weiter und gucken wofür sich Mehrheiten finden“. Auch wenn das Verfahren demokratisch war, das Ergebnis kann es nicht sein.

Über 1.000 m² bebaute Fläche kann Otto Schröder weiterhin einsam entscheiden und braucht das in der Gemeinde Gerdau mit niemandem abzustimmen. Das ist eine Größenordnung, in die bequem Produktions-, Lagerhallen und auch Mastställe passen. In jeder größeren Gemeinde wäre eine solche Verfahrensweise undenkbar, in Gerdau wird das ungewisse „Landrecht“ fortgesetzt.

Abstimmergebnis für den CDU-Antrag 7 : 4

 

Anfangs der Sitzung hatte Wolfgang Hahnemann für die SPD beantragt, die Tagesordnungspunkte 7 und 8 von der Tagesordnung zu nehmen. Mit diesen Anträgen sollte ein Unbedenklichkeitsgutachten beim Landkreis Uelzen angefordert und über den Einbau von Filtern beim Bau von Mastställen abgestimmt werden.
Seine Begründung: Zuerst müßten die von Arnold Kröger gestellten Fragen auf der Sitzung des Bau-, Wege- und Umweltausschuss im Oktober ausreichend beantwortet werden, weil die Antworten mit Sicherheit Auswirkungen auf das Abstimmungsergebnis hätten. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.

Hahnemann kündigte daraufhin an, dass die Ratsmitglieder der SPD und GRÜNEN die Sitzung dann zur Abstimmung verlassen würden, weil sie das Vorgehen für rechtswidrig halten. Außerdem werde man eine Beschwerde an die Kommunalaufsicht richten, da gegen den § 22 der Geschäftsordnung verstoßen würde.

„§ 22 Zusammenwirken des Verwaltungsausschusses mit den Ausschüssen
Der Verwaltungsausschuss nimmt, soweit erforderlich, zu den Beratungsergebnissen der Ausschüsse Stellung.“

Abstimmergebnis gegen den SPD-Antrag 7 : 4

 

Die späteren Abstimmergebnisse (in Abwesenheit von SPD und GRÜNEN)

zu TOP 7 (Unbedenklichkeitsgutachten) gegen den SPD-Antrag 7 : 0

zu TOP 8 (Einbau von Filtern) gegen den SPD-Antrag 7 : 0

 

Bei der Unterrichtung über wichtige Angelegenheiten, informierte Otto Schröder zum Thema Fusion über ein stattgefundenes Gespräch mit Vertretern der Stadt Uelzen. Das Gespräch sei sehr angenehm gewesen und man wolle weitere Gespräche auch mit den Samtgemeinden Bad Bevensen-Ebstorf und Aue führen und ggf. im Rat darüber berichten und beschließen.

Bei der Einwohnerfragestunde wurde u.a. kritisiert, dass fünf Anfragen/Anträge von Werner Bollhorn an die Gemeinde Gerdau – eingereicht per Mail über das Ratsinformationssystem – bisher unbeantwortet geblieben sind. Otto Schröder wehrte sich vehement: die Anfragen seien erst vor einigen Tagen bei ihm eingetroffen und er hätte auch nur vier Anfragen erhalten. Die Mails seien wohl in der Verwaltung „falsch einsortiert“ worden und würden nun im nächsten VA behandelt und beantwortet.

Friedhelm Schulz bestätigte, dass wohl ein Fehler bei der Behandlung der Mails passiert sei. Werner Bollhorn würden auch keine Vorwürfe gemacht, dass er die Anfragen per Mail an das System geschickt hätte und nicht direkt an die Gemeinde Gerdau. Die Verwaltung werde „minutiös“ Stellung nehmen und auch den Verbleib der fünften Mail klären.

Arnold Kröger bemängelte, dass das Ratsinformationssystem nicht aktuell ist. Außerdem wollte er wissen, welche Fristen zum Aushang bei öffentlichen Einladungen der Rat für sinnvoll hält. Otto Schröder versicherte, dass man bemüht ist, die Einladungen kurzfristiger in die Kästen zu hängen als in der Vergangenheit. Außerdem hätte man für den Aushang in Gerdau (zwei Kästen) nun auch eine Lösung gefunden.

Weiterhin ging es um die Pflasterung eines Bürgersteigs in der Schmiedestraße in Gerdau Bohlsen, der starke Schlaglöcher aufweist und mit dem Rollstuhl nicht zu befahren ist. Otto Schröder bat um Verständnis, dass nicht in jeder Nebenstraße gepflastert werden kann. Da diese Straße kaum befahren ist, könne die Betroffene jedoch auch auf der Fahrbahn fahren. Auf jeden Fall versprach er: „Wir kümmern uns drum“.

Bei dem TOP 9 ging es um einen CDU-Antrag zur Veräußerung eines Grundstückes im Ortsteil Holthusen II. Strittig war hier der Preis, den Wolfgang Hahnemann als viel zu niedrig befand. Die Gemeinde selbst hätte Land für 25 Euro/m² erworben und würde nun den m² für 2 Euro veräußern.

Burkhard Krüger (CDU) aus Holthusen erklärte, das es sich bei dieser Angelegenheit weniger um einen Verkauf, als vielmehr um einen Tausch handele. Die betroffene Familie hätte vor Jahren formlos einen versandeten Feuerlöschteich gegen das Gelände für eine Lösch-Zisterne getauscht. „Nun kaufen sie ihr eigenes Gelände zurück“ und dafür sei der Preis angemessen.

Abstimmergebnis für den CDU-Antrag 7 : 4

 

Zum TOP 10 ging die Frage nach der Inbetriebnahme einer mobilen Geschwindigkeitsmessanlage ein, die ohne Batterie sei. Hier versprach Friedhelm Schulz Abhilfe.

Außerdem wurde angefragt, wer im Jahr 2002 ein Gutachten zu einem Schweinestall in Auftrag gegeben und wer ihn bezahlt hat. Hier versprach Otto Schröder Aufklärung bis zur nächsten Ratsitzung.

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