Meinungsfreiheit in der Türkei: Satiremagazin verboten

Wie die „The Huffington Post“ heute berichtet, wurde das türkisches Satire-Magazin „Girgir“ eingestellt, weil es eine Karikatur von Moses veröffentlicht hat, auf der er die Israeliten aus Ägypten führt. Anlass ist wohl nicht nur die Zeichnung, sondern auch der dazugehörige Text – auffallend die Wortwahl des Sprechers des türkischen Staatspräsidenden zur Karikatur: „…unmoralisch und ein Hassverbrechen“. Sie macht erneut deutlich, die Türkei macht „den Sack zu“, Meinungsfreiheit gibt es nicht mehr.

[toggle state=“open“ title=“Hier der Wortlaut der Meldung:“]

Ein renommiertes türkisches Satire-Magazin wird wegen einer Karikatur eingestellt. Erdogans Sprecher bezeichnete die Karikatur als „unmoralisch“ und ein „Hassverbrechen“.
Der Verleger eines der berühmtesten Satire-Magazine der Türkei hat am vergangenen Freitag sein Heft wegen einer umstrittenen Karikatur eingestellt. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP.

Der Streit um die Zeichnung ist ein weiteres Beispiel dafür, wie schlecht es um die Meinungsfreiheit in der Türkei steht.

Der Hintergrund: Das Satire-Magazin „Girgir“ hatte in seiner letzten Ausgabe eine Karikatur gedruckt, in der Moses zu sehen ist, wie er die Israeliten aus Ägypten führt.

In der Zeichnung gibt Moses mit seinen Taten an, während seine Begleiter sich über seine Prahlerei beschweren. Zwei würden Moses auffordern, die „Klappe zu halten“, und grobe Schimpfwörter benutzen, beschreibt das in den USA erscheinende Online-Portal „Al-Monitor“ die Karikatur. „Al-Monitor“ ist auf die Berichterstattung aus der Türkei, dem Nahen Osten und dem arabischen Raum spezialisiert.

Erdogans Sprecher ist wütend

Zeichnungen von als heilig angesehenen Figuren, besonders aus der islamischen Tradition, sind in der Türkei weitgehend tabuisiert – nicht nur bei Muslimen. Ivo Molinas, Chefredakteur einer jüdischen Zeitung, schrieb auf Twitter: „Was für eine Schande! Was für eine Respektlosigkeit!“

Auch der Sprecher des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, Ibrahim Kalin, wählte auf Twitter scharfe Worte: Die Karikatur habe nichts mit Meinungsfreiheit oder Humor zu tun. Sie sei unmoralisch und ein Hassverbrechen.

Wie „Al Monitor“ am Mittwoch berichtet, sei nach dem Erscheinen der Karikatur ein Shitstorm auf Twitter über das Magazin hereingebrochen. Über den Kurznachrichtendienst entschuldigten sich die Macher des Magazins für die Zeichnung. Das half offenbar nicht mehr. Ein Istanbuler Staatsanwalt nahm Ermittlungen gegen das Magazin auf.

Daher, so vermutet „Al Monitor“, habe sich der Verleger einen Tag später gezwungen gesehen, das Magazin einzustellen. Alle Angestellten seien entlassen worden.

Für das Online-Portal „Al Monitor“ ist die Kontroverse um die Karikatur ein weiterer Beweis für die immer verschlossener werdende Gesellschaft der Türkei.

Seit dem Putschversuch im vergangenen Jahr geht der türkische Präsident Erdogan rigoros gegen die kritische Presse vor. Zuletzt erregte etwa der Fall des Türkei-Korrespondenten der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ Deniz Yücel Aufmerksamkeit. Der Journalist wurde in Polizeigewahrsam genommen.

Erdogans Abneigung gegen Karikaturen zeigt auch der Fall von „extra3“ und der des Moderators Jan Böhmermann. Die satirischen Beiträge lösten diplomatische Krise zwischen Deutschland und der Türkei aus.

Selbst die mildeste Satire könne in der Türkei inzwischen verboten werden, heißt es bei „Al Monitor“. Das düstere Urteil der Journalisten lautet daher: „Die religiösen Konservativen glauben jetzt, dass der Staat ihnen gehört, und sie scheinen recht gewillt zu sein, ihn einzusetzen, um jede Form der Rede zu unterdrücken, die ihnen nicht gefällt.“

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