Kreispolitik(er) auf Abwegen

Dienstag, 20. September 2016, 9 Tage nach der Kommunalwahl. Der Kreistag tagt. Nein, nein, es ist nicht der neue Kreistag, es ist der alte, seine Wahlperiode läuft noch bis zum 31. Oktober.
Er liegt in den letzten Zügen, dennoch auf der Tagesordnung, so ist es zur Zeit vorgesehen, ohne daß Dringlichkeit besteht: Neubau eines Kreishauses. Es soll – nun öffentlich – debattiert werden, Beschlüsse sollen gefasst werden.

Unter den Zuhörern sitzt manch einer der soeben frisch gewählten, neuen Kreistagstagsmitglieder. Sie dürfen staunend hören, welche Vorgaben Ihnen die Abgewählten zum 1. November verordnen, Vorgaben und Festlegungen, die den Kreis und seine Finanzpolitik jahrelang massiv beeinflussen werden, gravierend in das Budgetrecht des neuen Kreistages eingreifen werden. Sagen dürfen sie nichts. Eine bizarre Situation. Was motiviert die Strategen von CDU, SPD und UWG dazu, noch vor dem nahenden Ende der Wahlperiode der Zukunft diese Fesseln anzulegen?

Als man ursprünglich die Sache geheim, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, versteckt vor den Bürgern, deren Geld man doch ausgibt, schnell und unauffällig durchziehen wollte, sah die Regie nur einen vollendete Tatsachen schaffenden Beschluss des Kreisausschusses vor. Dämmerte bei den Machern nach einer Einwohnerfrage auf der Kreistagssitzung in Soltendieck, nach Leserbriefen, die Erkenntnis, daß man im Zeitalter der Bürgerinitiativen Großprojekte nicht gegen, nicht ohne, sondern nur gemeinsam mit den Bürgern durchführen kann? Ist das geplante Vorgehen nach der Wahl Vermessenheit, Überheblichkeit, Taktik? Parteitaktik in der Weise, dass die Nachfolger aus den eigenen Reihen sagen können: das haben andere vor uns entschieden; auch eine beliebte Masche zum Verschieben von Verantwortung.

Wie dem auch sei. Eines sind Beschlüsse noch am 20. September jedenfalls: Respektlosigkeit vor dem Wähler, vor den künftigen Kreistagsabgeordneten und vor dem Budgetrecht des neuen Kreistages.

Dabei bestand zunächst der Eindruck, dass neben den Grünen auch die UWG derartige vorgezogene Entscheidungen ablehnt. Hatte sie doch ein Jahr zuvor in der Tageszeitung ( AZ vom 24.4.2015 Seite 2) mitteilen lassen, dass es „besonders ärgerlich…sei, … wenn Politiker… Entscheidungen ausbaden müssen, die noch vor ihrem Einzug in die Parlamente beschlossen worden seien“ und „man wolle in Zukunft solche Fehlgriffe möglichst vermeiden.“ Das war jetzt schnell vergessen. Wie eine echte Partei beherzigte die UWG deren praktischen Grundsatz:
„Was schert mich mein Geschwätz von gestern….“ und ging in die Vollen, als der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der UWG im Kreistag, Uwe Beeken, einen Vorschlag mit hohem Unterhaltungswert machte: das neue Kreishaus nach Bad Bevensen. Eine Schnapsidee, die allerdings ohne Resonanz so schnell wieder in der Versenkung verschwand, wie sie aufgetaucht war.
Was bleibt, ist die erschreckende Erkenntnis, mit welcher Instinktlosigkeit und mangelndem politischen Gespür die Mehrheiten im Kreistag bisher an die von ihnen ersonnene, große Aufgabe herangegangen sind.

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