Kita Gerdau: Wo bleibt Alexander?

Manchmal gibt es für schwierige Probleme eine einfache Lösung. So war es schon 333 vor Christus, als es darum ging einen verschlungenen Knoten an einem Ochsenkarren zu lösen. Ein Orakel besagte, dass derjenige der den Knoten lösen würde, die Herrschaft über Kleinasien erlangt. Nachdem sich viele vergeblich an der Aufgabe abgemüht hatten, kam Alexander der Große und schlug mit seinem Schwert den Knoten einfach durch – und wurde König von Kleinasien.
Durch diese Legende hat sich das geflügelte Wort vom „Gordischen Knoten“ bis heute gehalten, wenn es um schier unlösbare Probleme geht.

Seit Neuestem gibt es nun den Gerdauer Knoten: Er hängt bildlich gesprochen an der Evangelischen Kindertagesstätte St. Michaelis in Gerdau und ist genauso vertrackt wie das historische Original. Alexander ist allerdings noch nicht in Sicht…

Das Dilemma: 2012 wurden die Räume im Obergeschoss der Kindertagesstätte für 15 Krippenplätze umgebaut. Mit dem räumlich gelungenen Umbau wurden leider jedoch organisatorische Fakten geschaffen, die sich für den Betrieb der Tagesstätte als nicht wirklich „alltagstauglich“ erweisen.
Der Grund sind 85.300 Euro Zuschussmittel vom Land Niedersachen, die mit Auflagen verbunden sind: 15 Plätze aus dem Kontingent der altersübergreifenden Plätze müssen jetzt nämlich in reine Krippenplätze umgewandelt werden. Das macht Probleme weil nur ein kleiner Teil dieser Krippenplätze belegt werden kann und der ungenutzte Teil bei den Gesamtplätzen fehlt. Dazu muß die Betriebserlaubnis der Kindertagesstätte geändert werden, was eine dynamische Anpassung der Gruppen zukünftig unmöglich macht.

Für ein Übergangsjahr gab es eine flexible, „provisorische“ Betriebserlaubnis, die nun bis zum 30.6.2014 geändert werden müsste. Den Antrag muß der Ev.-luth. Kindertagesstättenverband Uelzen als Träger der Einrichtung stellen. Geschieht das nicht, verlangt das Land Niedersachsen die gewährten Mittel anteilig zurück.
Aber es gibt noch weitere Probleme…

Die Interessenlage: Viele Köche verderben den Brei…?

Die Kindertagesstätte unter Leitung von Marion Knauer steht an der „Front“ und muß logistisch und praktisch mit der Anzahl der angemeldeten Kinder in den unterschiedlichen Altersklassen „fertigwerden“. Gruppen müssen gebildet und die Betreuung mit der notwendigen Anzahl an Mitarbeiter/innen gewährleistet sein. Die Integrationsgruppe, mit hohen gesetzlichen Vorschriften und Auflagen, stellt dazu noch einen besonderen Anspruch dar.
Um das alles zu leisten und unter einen Hut zu bekommen, braucht der Kindergarten ein hohes Maß an Flexibilität in der Gruppeneinteilung. Bewährt hat sich die bisherige Aufteilung der insgesamt 57 Plätze – und dabei würde die Kindertagesstätte gerne bleiben. (Siehe Tabelle)

[toggle state=“close“ title=“Tabellen Kindergartenplätze (bitte am blauen Winkel aufklappen)“]

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Die Planungen für das neue Kindergartenjahr laufen bereits. Unter Zugrundelegung der erwarteten Ab- und Zugänge ergeben sich daraus die folgenden Zahlen. (Es kommt zahlenmäßig kurzfristig um eine Überschreitung der Höchstanzahl bei den 2-3-Jährigen – ein Kind hat im Dezember Geburtstag und kann dann in die nächsthöhere Gruppe wechseln…):

[table id=9 /]

Durch die Änderung der Betriebserlaubnis ändert sich auch die gesamte Situation: bei den 2-3-Jährigen gibt es dann plötzlich 8 freie Plätze (ab Dezember sogar 9), bei den 3-6-Jährigen fehlen 2 Plätze (ab Dezember sogar 3).

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Die Kirchengemeinde Gerdau betreibt die Kindertagesstätte im Rahmen des Kindertagesstättenverbandes Uelzen. Deren Vorsitzender ist Pastor Kardel aus Gerdau, und er steht natürlich hinter den Interessen „seiner“ Tagesstätte und deren Mitarbeitern.
In der Vergangenheit hat es für die Kirchengemeinde mehrfach Probleme gegeben, weil ihr Gebiet nicht mit dem der politischen Gemeinde übereinstimmt. Böddenstedt (Gemeinde Suderburg) und Hansen (Stadt Uelzen) gehören dazu und die dort lebenden Familien möchten verständlicherweise ihre Kinder auch in die Betreuung nach Gerdau geben.
Die betroffenen Kinder bekommen aber immer nur Einjahresverträge für den Kindergarten und die sollen nun nicht mehr verlängert werden. So jedenfalls erwartet es die Gemeinde Gerdau, denn es ist ja nun plötzlich kein Platz mehr da. Damit ist die Kirchengemeinde natürlich nicht einverstanden und fordert die Aufnahme sämtlicher Kinder aus ihrem Bereich.

Die (politische) Gemeinde Gerdau hat grundsätzlich natürlich erstmal Recht: Sie ist rechtlich nicht für Kinder über ihre Gemeindegrenze hinaus verpflichtet.
Sie muß die notwendigen Räumlichkeiten für den Kindergarten vorhalten und ist zuständig für eventuelle Umbauten, Instandhaltung usw. – verpflichtend für alle Kinder aus der Gemeinde Gerdau. Und deshalb sind für den Umbau der Kita natürlich die Zuschussmittel des Landes Niedersachsen auch bei ihr gelandet.
Sie ist es aber auch gewesen, die sich sehr schnell für die günstigste Variante der Schaffung der Krippenplätze entschieden hat – mit den jetzt kommenden Problemen.
Seitens Kirchengemeinde und Kita gab es dazu von Anfang an qualifizierte Bedenken und den Hinweis, dass es bei der guten Geburtsstatistik in den nächsten Jahren generell schwer wird, alle Kindergartenkinder ab drei Jahre in die Kita zu bekommen. Nur mit einer Altersübergreifenden Gruppe wäre es möglich, allen Kitakindern gerecht zu werden.
Gleichzeitig hatte die SPD-Opposition einen Anbau am Kindergarten angeregt, der zwar ein bisschen teurer gewesen wäre, dafür aber alle möglichen Optionen beinhaltet hätte. Dieser Vorschlag wurde in Gerdauer Manier vom Tisch gefegt und nicht einmal diskutiert.

Die Samtgemeinde Suderburg hat für die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben auf Anspruch eines Kitaplatz für jedes Kind zu sorgen.
Mit der Beantragung der Zuschussmittel hat sie ihre Pflicht getan und steckt nun in einem ziemlichen Dilemma: Die neue Betriebserlaubnis der Kindertagesstätte muss beantragt werden…
Der Ausschuss für Schule, Sport, Jugend und Soziales der Samtgemeinde Suderburg wird mit ziemlicher Sicherheit dem Samtgemeindeausschuss empfehlen, dass wiederum dem Ev.-luth. Kindertagesstättenverband Uelzen zu empfehlen – denn der ist Träger der Kita, und dafür zuständig. Allerdings hat er kein überbordendes Interesse daran, denn er handelt sich damit nur Probleme ein…

Mal angenommen, der Kindertagesstättenverband stellt den Antrag nicht, bleibt die Samtgemeinde Suderburg – nicht die Gemeinde Gerdau, die die Mittel ja bereits erhalten hat (!) – auf der Rückforderung des Landes sitzen. Gerdau verweist dann einfach auf seine Beschlüsse.

Schön, wenn die Samtgemeinde Suderburg das so einfach auch könnte. Kann sie aber nicht. Dafür riskiert sie gleichzeitig den Entschuldungsvertrag, der mit einer dann notwendigen erneuten Verschuldung sofort hinfällig wäre.

Alles wie immer…

Am 24. März 2014 tagt nun der Ausschuss für Schule, Sport, Jugend und Soziales der Samtgemeinde Suderburg, um 17.00 Uhr im Rathaus Suderburg. Es wird sicher voll werden…

Auf dem Tagesordnungspunkt 6 steht zur Debatte: Abschluss von Betreuungsverträgen für die Kindertagesstätte Gerdau im Jahr 2014/2015 sowie Umwandlung der altersübergreifenden Gruppe in eine Krippengruppe.

Alles wird sein wie immer. Der Ausschuss wird dem Samtgemeindeausschuss empfehlen:

[toggle state=“close“ title=“Beschluss“]

1. Der Ev.-luth. Kindertagesstättenverband Uelzen wird aufgefordert, für die Kindertagesstätte in Gerdau umgehend beim Nds. Kultusministerium eine Betriebserlaubnis für eine Krippengruppe mit 15 Plätzen, eine Kindergartengruppe mit 25 Plätzen und eine integrative Kindergartengruppe mit 17 Plätzen zu beantragen, sodass diese fristgemäß bis zum 30.06.2014 bei der Nds. Landesschulbehörde vorgelegt werden kann.
2. Die im vergangenen Jahr abgeschlossenen und bis zum 31.07.2014 befristeten Einjahresverträge dürfen nicht verlängert werden. Darüber hinaus dürfen ab 01.08.2014 auch keine neuen Einjahresverträge
für Kinder aus Böddenstedt und Hansen mit den Erziehungsberechtigten abgeschlossen werden.

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Fazit

– Die Ausschussmitglieder werden Prügel dafür beziehen, dass sie für diese Empfehlung stimmen – und sich fragen, wem sie das nun wieder zu verdanken haben…
– Die Evangelische Kindertagesstätte St. Michaelis in Gerdau wird ab Sommer ein paar Probleme mehr haben…
– Zwei Kinder werden sich fragen, warum sie nicht mehr in ihren Kindergarten dürfen…
– Die betroffenen Eltern werden sich fragen, ob sie als Kirchengemeindemitglieder nur zweitklassig sind…
– Ein Pastor wird vielleicht darüber nachdenken, was der Stolz der politischen Gerdauer auf ihre Kirche in diesem Fall wert ist – und was passiert, wenn der Kindertagesstättenverband einer Aufforderung mal nicht nachkommt…
– In der Gemeinde Gerdau werden sich ein paar Ratsmitglieder zurücklehnen und denken: „das haben wir wieder prima hingekriegt…“

 

4 Kommentare

  1. ingepart

    Warum will man es sich in der Samtgemeinde Suderburg einfach machen, wenn es auch schwierig geht.
    Es ist bekannt, dass in der SG Suderburg für die Gebäude der Kindertagesstätten die Gemeinden, für den Betrieb der jeweiligen Einrichtung die Kirche oder das DRK und für die Kosten die SG zuständig sind.
    Es gibt wohl keine Kommune im LK Uelzen, in der gleich 3 Köche den Brei verderben, wenn andere mit 2 oder wie die Gemeinde Altenmedingen alles allein macht. Dort kann es auch nicht zu gegenseitigen Schuldzuweisungen kommen.
    Früher gab es in der SG Suderburg auch nur jeweils 2 Beteiligte, bis die Verwaltungsspitze auf die glorreiche Idee kam, die Kindertagesstätten aus der Verantwortung der Gemeinden in die der Samtgemeinde zu übernehmen.
    Wie sinnvoll das war zeigt sich jetzt.
    Der Rat der SG Suderburg sollte überlegen, ob es nicht schon wegen der ständigen Streitigkeiten sinnvoller ist, zur alten Rgelung zurückzukehren.

  2. meubar

    Immer wieder der Streit zwischen der Gemeinde Gerdau und der Samtgemeinde. War das der Grund, weshalb der jetzige Samtgemeindebürgermeister F. Schulz nach nur 1 Wahlperiode im Mai nicht wieder kandidiert?
    Weshalb hat man die Gemeinden Gerdau und Eimke nicht im Jahre 2011 auf ihren Antrag hin aus der Samtgemeinde Suderburg gehen lassen, wo sie doch in Bevensen-Ebstorf ins Paradies gekommen wären.
    Das hätte dann für die beiden Gemeinden eine Regenwassergebühr, Abgabe der Regenwasserkanäle an die Samtgemeinde Bevensen-Ebstorf, Erhöhung der Gemeindesteuern und weitere Paradiesäpfel bedeutet,
    Hier hätte sich die Gemeinde Gerdau auch sicher mit ihrer Meinung durchgesetzt: Gerdauer Kindergarten und Krippe nur für Gerdauer Kinder. Für die Kinder aus Verhorn ist die Kindergartentür versperrt.
    Die Samtgemeinde hätte sich sehr viel Ärger ersparen können, wenn sie sich nicht an die beiden Gemeinden geklammert hätte.
    Jetzt bleibt der Samtgemeinde nichts Anderes übrig, als sich von der Gemeinde Gerdau erpressen zu lassen.
    Aber so ist das dann, wenn sich F. Schulz zu sehr an die beiden Nordbürgermeister klammert.
    Selber schuld!

  3. suderburger

    Ich, Ich, Ich…

    Irgendwie erinnert mich das an alte WG-Zeiten. Immer wenn abends die Frage nach Chips und Bier aufkam, ging jemand los und plünderte seine Reserven. Gemeinschaftlich wurde das Zeugs dann vernichtet.
    Einer war immer dabei, der ging nie freiwillig los. Oder wenn, dann brachte er für jeden abgezählt eine Flasche und irgendwelche Restetüten. Sein Schrank war aber immer gut gefüllt.
    Er sagte, weil er sparsam wirtschaftet, wir meinten, weil er sich asozial verhält. Geiz ist ab einer gewissen Form asozial.
    Geändert hat der sich auch im Leben später nicht.

    Das Zusammenleben in der WG wurde für alle erst anders und besser, nachdem wir ihn bei unseren Chips- und Bierrunden ganz offen außen vorgelassen haben. Irgendwann hatte er begriffen wie’s funktioniert.

    Der Satz „wenn es etwas zu holen gibt sind sie da, wenn es ans Bezahlen geht sind sie weg“ ist so ein geflügeltes Wort in politischen Kreisen wenn es um Gerdau geht. Das Problem ist also bekannt.
    Wann grenzen sich die anderen Gemeinden nun endlich mal ab? Und wann schlägt die Samtgemeinde endlich eine härtere Gangart ein? So kann es doch nicht weitergehen.
    Und wer hat da eigentlich gepennt, dass an der SG jetzt das Risiko hängen bleibt? Das kann ja wohl alles nicht wahr sein!

    Ganz besonders leid tun mir aber die Kinder aus Böddenstedt und Hansen. Sie werden die Welt nicht mehr verstehen, wenn sie nicht mehr in ihren Kindergarten dürfen.
    Und gerade die Böddenstedter sind doch so besonders aktiv in der Kirchengemeinde in Gerdau.
    Sie jetzt vor die Tür zu stellen ist erbärmlich. Und sie können sich nicht mal wehren, weil sie die Verantwortlichen in Gerdau nicht mal abwählen können.

    Liebe Gerdauer Politiker. Niemand will euch eure Vorräte wegfuttern.
    Wenn jeder nur an sich selbst denkt ist zwar für jeden gesorgt, aber wenn jeder ein bisschen mehr gibt, als er selber für sich braucht, geht es allen besser.
    Das ist nicht nur christlich sondern auch noch sozial. Und es stellt einen Wert dar, von dem ich immer dachte, dass er hier auf dem platten Land besonders hoch gehalten wird – ganz besonders wenn es um Kinder geht.

  4. Manbarg

    Lk 18,16: Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes.
    Kinder sind auch in der Kita Gerdau gern gesehen, aber es müssen die richtigen Kinder sein.
    Hans Scheibner hat einmal gesungen: „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern.“
    Aber wer sind denn nun die Schmuddelkinder. Es sind die Kinder, die nicht in der Gemeinde Gerdau wohnen sondern ihren Wohnsitz außerhalb der Gemeinde Gerdau haben. Für diese Kinder ist kein Platz mehr in der Herberge Kindergarten Gerdau.
    Die Herberge wurde eben nur für Gerdauer Kinder gebaut, wer außerhalb wohnt, der muss draußen bleiben.
    Die Gemeinde Gerdau ist zwar eine reiche Gemeinde, aber etwas mehr Geld für Kinder möchte man nicht ausgeben.
    Man teert eben lieber die Feldwege für die Landwirte als etwas mehr für die Kinder zu tun.
    Den Spruch: „Das Geld für Kinder angelegt noch stets die besten Früchte trägt“, scheint die Ratsmehrheit in Gerdau noch nie gehört zu haben.

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