Einen herzlichen Empfang bereiteten viele Suderburger und Mitbürger aus den umliegenden Gemeinden am Montagabend den ersten eintreffenden Flüchtlingen im Haus am Tannrähm. Als Willkommensgeschenk hatten fast alle etwas vorbereitet und mitgebracht, und Gerd Janszikowsky ergänzte spontan und großzügig mit fehlendem Notwendigen aus seinem Edeka-Markt. Aus Brot, Gebäck, Früchten, Obst, Eiern, Kaffee, Tee, Säften und Wasser entstand ein einfaches, aber vielfältiges Empfangsbüfett, dessen Überschuss zum Schluss des Abends auf die neuen Bewohner des Hauses verteilt wurde.
Aufgebaut wurde alles auf den Bierzeltgarnituren der Kirchengemeinde, die Elvira Müller eigenhändig für den Empfang herangeschafft hatte. Dazu organisierte sie Geschirr und andere notwendige Dinge. Sie war es auch, die mit Verwaltung und Bauhof rechtzeitig abgestimmte, dass die Rasenflächen am Haus kurzfristig noch gemäht wurden.
Im Laufe des frühen Abends kamen dann per Kleinbus vier Sudanesen, vier Palästinenser und ein Iraner an, alles junge Männer im geschätzten Alter von 20 bis 30 Jahren. Drei weitere fehlten, sie waren in Uelzen bei der Anmeldung auf dem Amt »verschütt« gegangen. Und auch die angekündigte serbische Familie kam nicht. Statt der angekündigten 16 bezogen also nun erst einmal 9 Personen das Haus am Tannrähm.
Jeder Einzelne wurde von jedem persönlich begrüßt, und alle Beteiligten waren überwältigt und positiv überrascht, wie schnell nach den ersten Unsicherheiten eine gelöste, regelrecht fröhliche, Atmosphäre entstand. Sehr hilfreich erwiesen sich dabei die Suderburger Reza Ghaffari Mir (ursprünglich aus dem Iran) und Hady Ezzo (ursprünglich aus Agypten), die sprachlich Brücken bauen konnten, wenn es verbal mal »klemmte«. Außerdem half der Umstand, dass die meisten Beteiligten ein recht gutes Englisch sprachen.
Martin Tutas, Diakoniebeauftragter der Suderburger Kirchengemeinde und Sprecher der »Willkommen«-Gruppe, begrüßte die Angekommenen offiziell in Suderburg mit einer kurzen Ansprache. Sie wurde von Dieter Meyer und Rele Vogt-Sest ins Englische übersetzt.
Die »Willkommen«-Gruppe ist eine offene Gruppe, die sich aus Mitgliedern der Kirchengemeinde und nichtkirchlichen Personen zusammensetzt. An ihr kann und sollte sich jeder beteiligen, denn Begrüßung ist nicht nur Sache der Kirche. Integration müssen wir alle leisten, unabhängig von Konfession oder Herkunft.
Trotz unterschiedlicher Motive gibt es also ein gemeinsames Ziel: Die ankommenden Menschen in freundlicher und freundschaftlicher Atmosphäre zu empfangen und ihnen im Alltag und bei der Integration zu helfen.
Dazu sollen Arbeitsgruppen mit den Schwerpunkten Begrüßung, Patenschaften, Sprache, Kleiderbörse, Fahrradreparatur und -beschaffung, Begleitdienste zu Ämtern, Ärzten und mehr, gebildet werden.
Das Ganze findet unter der Schirmherrschaft der Suderburger Kirchengemeinde statt, was die Dinge aufgrund vorhandener Strukturen insgesamt vereinfacht.
Ein ganz praktisches Beispiel dazu ist die Überwindung der sprachlichen Hürden: Alle Angekommenen machten mehrfach deutlich, dass sie schnellstens Deutsch lernen wollen. Die Sprachkurse der KVHS beginnen jedoch erst im September. Kurzentschlossen wurde eine Lerngruppe installiert, die bereits am Folgetag in den Räumen des Gemeindehauses die Arbeit aufnahm und dort täglichen Deutschunterricht anbietet.
Perfekt dabei: Federführend hat das Rele Vogt-Sest übernommen, die als ehemalige Lehrerin das »Handwerkszeug« dazu mitbringt. Sie sucht jetzt noch Unterstützer.
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Fazit, Lob und Tadel:
Die Suderburger Begrüßung der »Neuankömmlinge«, (wie sie neuerdings im Landkreis genannt werden), war beispielhaft. Allen Beteiligten, also nicht nur denen die in diesem Beitrag genannt wurden, ist ein großes Kompliment zu machen. Dieser Empfang war vorbildlich. Suderburg ist auf einem sehr guten Weg.
Ehrlich gesagt, habe ich persönlich dass auch nicht anders erwartet. Nicht alle, aber die meisten Suderburger sind offen und aufgeschlossen. Durch die vielen Studenten aus aller Herren Länder, die hier immer auch in Alltagssituationen präsent sind, sind wir gut trainiert im Umgang mit »Fremden«.
Sturm im Wasserglas
Dann gab es aber auch noch etwas, das mich ziemlich geärgert hat an diesem Tag: Die »Welle«, die durch die Landkreisverwaltung gegangen sein soll, nachdem der Bericht Die ersten Flüchtlinge kommen auf suderburg-online erschienen war. Es soll geheißen haben, wir betreiben Hetze und »so etwas« hätten wir nicht schreiben dürfen…
Mit den Erläuterungen zu Flüchtlingen und sicheren Herkunftsländern – in diesem Fall das seit kurzem seitens der großen Politik dazu erklärte Serbien – hätte sich suderburg-online an den Rand der Volksverhetzung gebracht und es wurde uns unterschwellig die Absicht unterstellt, die Gegner der Asylverfahren zu mobilisieren.
Das soll dann letztlich auch der Grund gewesen sein, warum die serbische Familie nicht mehr nach Suderburg geschickt wurde!!
Das macht mich sauer und mir tut diese Familie leid – wenn es denn tatsächlich so gewesen ist. Für mich, und auch für alle anderen der Begrüßenden, war und ist es völlig unerheblich, woher Flüchtlinge oder Asylanten kommen. Sollte es wirklich so gewesen sein, haben die zuständigen Stellen der Familie keinen Gefallen getan. Natürlich in bester Absicht…
Für mich ist unglaublich, wie verklemmt und verschwurbelt offizielle Stellen inzwischen mit Begriffen und Bezeichnungen umgehen. Kaum einer ist noch in der Lage, halbwegs ungezwungen zu schreiben oder zu reden. Dabei würde eine gewisse Lockerheit viele Dinge einfacher machen. Begriffe in einem Text stehen doch immer im Kontext zu ihm und im Fall von suderburg-online auch zum gesamten Inhalten der Seite. Manchmal hilft lesen…
Ziemlich schlimm sind aber auch die Oberbedenkenträger, die einen Begriff mit ihrem »Um-drei-Ecken-Denken« diffamieren, und es damit häufig schaffen, ihn für den normalen Gebrauch unmöglich zu machen. Die Offiziellen erstarren dann förmlich und suchen schnellsten nach unbelastetem Ersatz. Politische Korrektheit ist oberstes Gebot. Aus dem »was« kommt da auf uns zu: Flüchtlinge, Asylanten, Arme Menschen – mit allen Problemen die dahinter stecken… wird ein nichtssagendes Neutrum: »Neuankömmling«.
Der denkende Bürger wird entmündigt, das Denken sollte er am besten abstellen, er macht ja doch immer alles falsch. Tut’s einer dann trotzdem, gerät er, auch mit bester Absicht, schnell in den Kreis der Verdächtigen.
Allein mit diesem letzten Satz bin ich doch auch schon wieder verdächtig, oder?!
Das übrigens ist auch ein Grund dafür, warum unsere Politiker zu bestimmten Dingen einfach garnichts mehr sagen…
Tritte vor’s Schienbein
Eine zweite Reaktion auf den selben Artikel gab es noch. Sie kam, mit freundlicher Eröffnung, aus Kirchenkreisen und betraf einen anderen Absatz des kurzen Berichtes, nämlich die Verwaltung, bzw. den »Umgang« mit ihr.
Der Bericht wurde vom Kritiker als »Tritt vor das Schienbein der Menschen in der Verwaltung« empfunden, »die es ermöglicht haben, dass unsere Begrüßungsfeier … ein voller Erfolg wurde«.
Dieser Satz machte mich erst kurzzeitig ratlos, dann ziemlich entrüstet: Was für ein falsches und an dieser Stelle erst recht völlig unangebrachtes Obrigkeitsdenken, bei gleichzeitiger Ignoranz der Tatsachen. Und dazu noch die Aufforderung das »richtig« zu stellen… und die Drohung, »…dass Frau zum Felde keine Informationen mehr an uns herausgeben will.«
Genau genommen erfolgte hier ein Tritt vor das Schienbein sämtlicher Begrüßenden. Ausschließlich SIE haben mit ihrem privaten Einsatz, mit ihrer Zeit und ihrem Geld, die Begrüßung gestaltet. SIE haben dieser Sache zum Erfolg verholfen. Die Verwaltung hatte damit nichts zu tun – und Frau zum Felde wird darüber sicher nochmal nachdenken.
Die Aussagen unseres Artikels: »Informationen aus dem Landkreis flossen bisher spärlich, auch die Kommunikation mit der Verwaltung funktioniert noch nicht optimal. Die Kompetenzen sind für Aussenstehende schwer zu durchblicken. Ein funktionierendes Netzwerk zwischen den offiziellen Stellen und Helfern vor Ort gibt es also noch nicht, es muss schnellstens entstehen«, beschrieben exakt den IST-Zustand.
Zwei »noch« tauchten darin auf und zum Schluss die Mahnung: »Ein funktionierendes Netzwerk … muss schnellstens entstehen«. Alles unmissverständlich und ohne Tritte. Hier hätte richtiges Lesen sicher geholfen.
Die Frage, woher die Redaktion ihre Informationen bereits am Sonntag hatte – die dem Kritiker nach eigenen Angaben erst am Montag bekannt wurden, bedarf zuerst einmal einer faktischen Richtigstellung:
Der Artikel erschien bereits am Samstag und erhielt am Sonntag ein Update.
Auch der Rest ist einfach zu beantworten. Die Informationen stammten aus einem Rundschreiben, das der Landkreis bereits am Freitag verschickt hatte – öffentlich, und unter anderen auch an den Kritiker…
Andreas Paschko
Alle Infos über die Arbeit der Unterstützergruppe der Ev. luth. St. Remigius-Kirchengemeinde-Suderburg finden Sie ab sofort auf unserer neuen Seite: https://fluechtlingshilfe-suderburg.wir-e.de
Ein Hinweis sei noch gestattet, mitmachen kann jeder, der ein Herz für in Not geratene Menschen und damit auch für Flüchtlinge hat, er muß also kein Mitglied unserer Kirchengemeinde sein.
Jeder, wie er kann, jeder mit seinen Gaben und seiner Zeit.
Danke für jede Hilfe
Danke für den tollen Bericht, es war wirklich ein gelungener Abend der Begrüßung. Man sah es den Flüchtlingen an, wie überrascht und erfreut sie von so viel Herzlichkeit, die Ihnen entgegengebracht wurde waren. Das spüren wir von der Unterstützergruppe an jedem neuen Tag, an dem wir uns um sie kümmern. Inzwischen erfahren sie von einigen Suderburgern tatkräftige Unterstützung bei der Erlernung der deutschen Sprache, beim gestalten des Tagesablaufs, bei der Suche nach Lösungen wegen fehlenden Internets, bei Fragen zur Funktion der Waschmaschine u.s.w.. Es wird ganz bestimmt noch einiges zu berichten sein in den nächsten Tagen und Wochen. Auch fehlt noch so manches, z. B. hat jeder von Ihnen nur einen Spind als Schrankersatz von ca. 30 cm Breite, einen Pappkarton als Ersatz für Nachttisch. Einiges gibt es noch zu reparieren, in der Küche oben ist der Wasserhahn defekt, beide neuen Unterschränke im Erdgeschoß und in der ersten Etage sind am auseinanderfallen, obwohl sie neu sind… Wir wollen nicht klagen, die Flüchtlinge tun es auch nicht. Aber wir arbeiten an Verbesserungen…,demnächst mehr…