oder: Was das Land Niedersachsen seinen Kommunen schuldet…
„Die Fraktion der Samtgemeinde-SPD ist einhellig für eine Fusion mit Uelzen. Der 31. März 2013 ist Deadline – wer bis dahin keinen Vertrag geschlossen hat, ist außen vor“.
So drastisch verkündete es Fraktionsvorsitzender Hahnemann (AZ vom 6.10.2012 S.7) und so düster prophezeiten es in den letzten Wochen und Monaten auch die anderen Granden der Suderburger SPD, zuletzt auf der Bauernrechnung, wenn es um das Thema Fusion, also um unsere kommunale Zukunft, ging. Einhelliger Tenor: jetzt könnten wir noch verhandeln, später wird uns von oben etwas übergestülpt, ohne dass wir gefragt werden. Eine drohende Zwangsfusion sei belegt durch Äußerungen von McAllister und Schünemann in Lüneburg und anderswo.
Aber gemach, gemach, so schnell schießen die Preußen nicht und schon gar nicht Parteipolitiker, wenn es um heiße Themen wie z.B. die Kommunalreform geht. Die Erinnerung an den Frust bei der Gebiets- und Verwaltungsreform von 1972 steckt heute noch – wie man sieht – noch so manchem in den Knochen.
Wie sieht die Lage denn heute wirklich aus? Das Land Nds. kommt mir vor wie ein Zirkusdirektor, der dem Hündchen einen Stock vorhält und wenn das Hündchen darüber springt, dann gibt es ein Leckerli (Entschuldungshilfe). Was aber, wenn das Hündchen nicht springt, nicht kann oder nicht will? Ja, was?
Das Land drückt sich. Es fehlen aktuelle Vorgaben für eine zukunftsfähige – wie sie heute alle so schön sagen – Kommunalverfassungstruktur, zeitgemäße Kenngrößen.
In dem „Gesetz zur … Modernisierung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts“ (NKomVG) (Hervorhebung durch den Verf.) vom 17. Dez. 2010 stehen immer noch die alten Zahlen von vor über 40 Jahren, als man den Begriff „Demographischer Wandel“ noch nicht einmal buchstabieren konnte. 400 Einwohner für Gemeinden, mindestens 7000 Einwohner für Samtgemeinden. Der Kommentar von Thiele zum NKomVG teilt uns mit, dass das Leitbild zur Verwaltungs- und Gebietsreform auf Gemeindeebene von 1971 bis heute verbindlich sei (Erläuterungen 1 zu § 97) und bei der Aufzählung der wesentlichen Änderungen und Ziele des neuen Gesetzes im Vorwort Seite V fehlt unser Thema!
Sind Samtgemeinden, die nur Niedersachsen als einziges Bundesland kennt, damals schon nur eine Kompromisskonstruktion, noch zeitgemäß? Was wird aus den Landkreisen, Leitbild von 1977? Braucht man nicht vielleicht auch neue Formen kommunaler Strukturen, wie z.B. Stadtregionen? Fehlanzeige, Rahmenbedingungen, Richtlinien fehlen. Wie wäre es mit einer Reform auf allen kommunalen Ebenen aus einem Guss, d.h. Gemeinde- und Kreisreform parallel und gleichzeitig, damit starre Kreisgrenzen nicht sinnvolle übergreifende Lösungen verhindern. Merkmale des gegenwärtigen Zustandes: jeder wurschtelt für sich rum.
Es hört sich zwar gut an, wenn gesagt wird, man solle nicht von oben diktieren, man wünsche freiwillige Lösungen auf unterer Ebene, jedoch muss es doch Maßstäbe geben, denn das Land muss jede Neuordnung durch Gesetz oder Verordnung absegnen und dabei zuvor die Rechtmäßigkeit prüfen.
Fazit: eine nennenswerte Kommunalverfassungspolitik in dieser Richtung, die zu notwendigen gesetzlichen Regelungen führen müsste, findet in Niedersachsen derzeit nicht statt. Keine Landesregierung würde in der heutigen Situation des politischen und rechtlichen Vakuums die Anordnung einer „Zwangsehe“ riskieren. Und so etwas will gegenwärtig auch niemand: der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund hat anlässlich der Landtagswahl die Parteien nach einer Gebietsreform gefragt. Sogar fast wörtlich übereinstimmend (Bündnis 90/Die Grünen inhaltlich) lehnen die Parteien, auch die SPD, ausdrücklich und einmütig erzwungene Veränderungen kommunaler Strukturen ab. Das kann man auf S. 169/170 im Heft Nr. 6 für Nov. u. Dez. 2012 des Mitteilungsblattes des Nieders. Städte-und Gemeindebundes „Die Niedersächsische Gemeinde“, die auch alle Suderburger Ratsmitglieder regelmäßig erhalten, nachlesen!
Na, wenn das nicht hilft, der Samtgemeinde-SPD etwas Angst zu nehmen? Am 30.3. wird die Welt auch ohne Fusion nicht untergehen, das kann die SPD mir glauben.