Beschwerde an Landrat Dr. Blume: „Versagen der Kreisverwaltung…“

In einem offenen Brief an Landrat Dr. Blume kritisiert Borvin Wulf, für den Unterstützerkreis der Flüchtlingshilfe in Suderburg, das Vorgehen des Landkreises bei der Unterbringung einer Flüchtlingsgruppe in Suderburg am vergangenen Donnerstag:

Sehr geehrter Herr Dr. Blume,

aus gegebenem Anlass halte ich es für dringend geboten, nachfol­gend näher begründete Beschwerde zu erheben über das würdelose, nachgeradezu empathie- und gedankenlose Verhalten der Kreisver­waltung Uelzen gegenüber Asylbewerbern und Flüchtlingen in der Gemeinde Suderburg, und Sie gleichzeitig aufzufordern, das Versa­gen der Verwaltung in diesem konkreten Fall aufzuklären und – was sehr viel wichtiger ist – Strukturen und Verantwortlichkeiten zu schaffen, dass Derartiges nicht nochmals passiert.

Begründung:

Am 27.08.2015 wurde ich auf telefonischem Wege von einem Mitglied des „Unterstützerkreises Flüchtlingshilfe der Kirchengemeinde Su­derburg“ (er hat sich am 05.08.15 konstituiert und als Aktiver gehöre ich ihm an) davon in Kenntnis gesetzt, dass in der Gemeinde Suderburg in Höhe der Bahnsener Str. 5 (Titelfoto) im strömenden Regen eine Gruppe von Menschen mit spärlichem, offensichtlich persönlichen Gepäck auf dem Bürgersteig stünde, von denen man aufgrund ihres etwas „fremdländischen“ Aussehens vermuten könne, dass es sich um Asybewerber und/oder Flüchtlinge handele; rein zufällig habe man das im Vorbeifahren wahrgenommen. Ich wurde gebeten, mich um diesen Vorgang zu kümmern, was meinerseits auch sogleich erfolgte.

Bei meinem Eintreffen dort in Höhe der Bahnsener Str. 5 stellte ich fest, dass der mir zuvor telefonisch geschilderte Vorgang den Tatsachen entsprach.

Nach Verlassen meines Autos ging ich auf die, aufgrund des strömenden Regens völlig durchnäßte Personengruppe zu, stellte mich ihnen (in englischer Sprache) vor und erfuhr von einem Mitglied dieser Gruppe, dass sie hier bereits seit einigen Stunden stünden, dass sie syrische Flüchtlinge seien und auf eine Person warten würden, die sie in die amtlicherseits für sie vorgese­hene Unterkunft einweise.

Ursprünglich seien sie am selben Tage viele Stunden vorher aus dem Erstaufnahmelager Friedland nach Uelzen gebracht worden. Dort seien sie administrativ registriert und vereinnahmt wor­den – die Gruppe besteht aus rd. 8 – 10 Personen. Zugleich seien zwei Taxen für sie bestellt worden; man habe ihnen einen Schlüssel (für ein Wohnobjekt) äusgehändigt; man sei sodann nach Suderburg gefahren, wo die Taxifahrer an einer bestimmten Stelle (es handelte sich dabei um ein Haus mit der Nr. 5 der Bahnsener Straße) gestoppt und sie aufgefor­dert hätten, zusammen mit ihrem Gepack die Fahrzeuge zu verlassen, was auch erfolgt sei; die beiden Taxen hätten sich daraufhin wieder ent­fernt (rein vorsorglich möchte ich ausdrücklich betonen, dass das Ver­halten der Taxifahrer in keiner Weise und auch von niemandem kritisiert wird); da sie – logischerweise – absolut ortsunkundig und auch mit den sonstigen Verhältnissen um dieses ihr zukünftiges Wohnobjekt nicht ver­traut gewesen seien.

Ein Blick auf das Gebäude auf das eine mit Papier abgeklebte Fenster im Erdgeschoß, habe sie erkenntnismäßig nicht weiterge­bracht, auch nicht die seitlich des Hauses existierende Eingangstür zu den Räumen im Erdgeschoß. Ein Versuch, diese Haustür mit dem ihnen ausgehändigten Schlüssel aufzuschließen, sei nicht mög­lich gewesen; durch das zweite Fenster habe man in den Erdgeschoß­räumen nur jede Menge Bauschutt und Müll erkennen können, seien sie erst einmal völlig ratlos gewesen, zumal die gesamte Grund­stücksfläche direkt hinter dem Gebäude mit Bergen von Bauschutt, Müll und einem offensichtlich ausrangierten PKW überhäuft ist.

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Aufgang zur Unterkunft.

Bei näherer Rundumbetrachtung des Hauses stellte ich daraufhin fest, dass an der Außenfassade des Hauses (im hinteren Gebäudeteil) eine relativ steile Eisentreppe nach oben hin in Höhe bis zum ersten Stock­werk des Hauses führt(e). Mit meiner Begleitung (zwei Teilnehmern aus der Gruppe) bestiegen wir diese Treppe. Oben angekommen, endete sie auf einer Metallplattform. Dort existiert(e) eine Hauseingangstür, und hier in dem vorhandenen Haustürschloß passte auch der Schlüssel, den man in Uelzen mitgegeben hatte.

In dem Eingang hinter der Tür be­findet sich eine Art Flur, von dem – links und rechts – insgesamt drei Wohnräume einschließlich WC und ein Küchenraum abgehen.

In diesen Räumen befanden (befinden) sich nicht nur diverse Möbelstücke, die allein bereits von ihrem Aussehen her einem oder mehreren ehemaligen (vermut­lich deutschen) Bewohnern dieser Räume zugeordnet werden können, son­dern es befanden (befinden) sich in den Räumen auch einige (spärliche) Gegenstände, die zur Grundausstattung von Asylbewerber- bzw. Flüchtlings­unterkünften gehören (bereits bekannt waren mir dieselben aus dem er­sten Samtgemeindeeigenen Suderburger Wohnobjekt im Tannrähmsweg).

Kurz­um: Aufgrund dieser Wahrnehmungen wurde sowohl mir als auch der Gruppe der syrischen Flüchtlinge bewußt: hier sind wir „richtig“.

Die Menschen – es handelt sich ausschließlich um Männer im Jugendlichen- und jungen Erwachsenenalter – haben sich dann (zum Teil jedenfalls) erst einmal entkleidet, weil sie aufgrund des stundenlangen Wartens im Regen bis auf die Haut durchnäßt waren, und sich – soweit in ihrem mitgeführten Gepäck vorhanden – einigermassen trockene Hemden und Hosen angezogen.

Soweit zur Chronologie

Da der Landkreis ja bekanntlich die „Oberhoheit“ über die Flüchtlings­wohnquartiere und deren Interieur besitzt, ist es – nicht nur mir (!) – restlos unverständlich, wie erbärmlich Uelzens Kreisverwaltung in diesem Fall mit Menschen umgegangen ist. Kein Anstand der Zuständigen!

Unbe­greiflich ist, dass die Kreisverwaltung für den 27.08. nicht einen Mitarbeiter abgestellt hat, diese Gruppe Flüchtlinge zum Zeitpunkt ihrer Suderburger Ankunft in das Wohngebäude einzuweisen, oder in Amtshilfe die Verwaltung der (Samt-)Gemeinde Suderburg zu bitten, diesen profanen Akt zu übernehmen (der z.Zt. wegen Urlaubsabwesenheit des Suderburger Samtgemeindebürgermeister Thomas Schulz ihn vertretende Herr Reinald Müller hat mir gegenüber, noch am selben Tage am Spätnachmittag, auf den o. g. Vorfall telefonisch angesprochen, erklärt, dass weder die Samtgemeinde noch die Gemeinde Suderburg,von dem Eintreffen am 27.08. dieses Flüchtlingskontingents Kenntnis gehabt habe).

Im Übrigen möchte ich anregen, und zwar ganz allgemein, die Flüchtlings­hilfe-Unterstützerkreise, die sich im Landkreis Uelzen bereits gebildet haben und praktisch arbeiten, bzw. deren Verantwortliche, die z.B. Ihrer Mitarbeiterin, Frau Josefin zum Felde, nicht nur namentlich, sondern auch E-Mailadressmäßig und/oder telefonisch bekannt sind, in die In­formation einzubeziehen, wenn das Eintreffen von neuen Flüchtlingen der Kreisverwaltung verbindlich avisiert wird, damit auch die Unterstützer­kreise „Gewehr bei Fuß stehen“ können. Das spart, ganz nebenbei, dem Landkreis auch Kosten.

Darüber hinaus würde die insbesondere von Poli­tiker- und z. T. auch Verwaltungsseite vielfach schon inflationär für sich reklamierte Willkommenskulktur nicht nur ein bloßes Lippenbekenntnis, sondern persönlich erfahrbar und praktisch wirksam werden, wie das im Rahmen der ehrenamtlichen Unterstützungsarbeit Migranten gegenüber bereits geschieht.

Mit freundlichen Grüßen
Borvin Wulf

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