Artenreiches Deichgrünland künftig ohne Biotopschutz

Hannover – Mit völligem Unverständnis reagieren NABU Niedersachsen und BUND Niedersachsen auf die beschlossene Gesetzesänderung durch den Landtag, welche das artenreiche Grünland auf Deichen und im Deichvorland außer Schutz nimmt. Damit konterkarieren die Regierungsfraktionen die Ziele des Niedersächsischen Weges, in denen unter anderem das artenreiche Deichgrünland Ende 2020 als geschützter Biotop gesichert wurde. Das neue Niedersächsische Naturschutzgesetz wurde mit der Veröffentlichung im Niedersächsischen Gesetzes- und Verordnungsblatt (Nds. GVBl.) am vergangenen Freitag besiegelt.

Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen, kritisiert: „Künftig wird das artenreiche Grünland auf und an den Deichen in Niedersachsen aus dem Biotopschutz entlassen. Da gerade das artenreiche Grünland der Deiche mit dem ganzjährigen Blütenangebot als äußerst wichtige Verbindungsachse für den Biotopverbund von immanenter Wichtigkeit ist, handelt es sich aus unserer Sicht um eine erhebliche Gesetzesänderung, die mit den Partnern des Niedersächsischen Weges hätte diskutiert werden müssen. Es ist ein Trauerspiel, dass sich SPD und CDU damit klar gegen rechtlich bereits fixierte Maßnahmen zum Schutz und Erhalt der Biodiversität stellen. Es gibt daher nur die Möglichkeiten, die Gesetzesänderungen zurückzunehmen oder einstimmig neue Formulierungen zu finden, die den Vereinbarungen zum Niedersächsischen Weg gerecht werden. Anderenfalls findet der gemeinsame Weg nun ein abruptes Ende.“

Susanne Gerstner, BUND-Landesvorsitzende, ergänzt: „Mit den vom Landtag beschlossenen Gesetzesänderungen wird der erfolgreiche Niedersächsische Weg – das konstruktive Miteinander – verlassen. Mit der aktuellen Entscheidung weicht die Regierungskoalition das Gesetz auf, das sie selbst vor nicht einmal zwei Jahren einstimmig beschlossen hat. Ein solches Vorgehen führt zu einem erheblichen Vertrauensverlust. Wir appellieren an alle am Niedersächsischen Weg Beteiligten und an die zukünftige Landesregierung, dieser Entwicklung wirksam gegenzusteuern. Die Politik muss sich konsequent dafür einsetzen, das Artensterben zu stoppen und weitgreifende Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität und unserer Lebensgrundlagen umsetzen.“

Die Regierung ist bei der Gesetzesänderung einer Initiative des Wasserverbandstags gefolgt, der das blüh- und artenreiche Grünland als Hindernis und mehr Aufwand für die Deichsicherheit sieht. Die Umweltverbände halten dagegen: „Es wäre ein Leichtes gewesen, festzulegen, dass bei Erhaltungsmaßnahmen am Deich sowie im Deichvorland die Pflicht zur erneuten Anlage artenreichen Grünlandes besteht. Aufgrund der Vielzahl an Deichen im Norden Niedersachsens gehen so erhebliche Flächenanteile für den Schutz der Biodiversität und des Biotopverbunds verloren.“

Hintergrund:
Naturschutz, Landwirtschaft und Politik haben in 2020 ein gemeinsames Maßnahmenpaket für mehr Artenvielfalt und Insektenschutz vereinbart, den so genannten Niedersächsischen Weg. Er enthält u.a. deutliche Verbesserungen im Naturschutz-, Wasser- und Waldgesetz des Landes sowie ein Bündel an Schutzmaßnahmen, um dem Artensterben in Niedersachsen entgegenzuwirken. Artenreiches Grünland wurde durch die Aufnahme als gesetzlich geschützter Biotop vor Umbruch, Bebauung und Zerstörung bewahrt.

Dr. Holger Buschmann, NABU-Landesvorsitzender

Titelfoto: Deichvorland © Nicole Sieck, https://www.natura-in-nordsachsen.de/

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