„Armes Gerdau…“ Teil II

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Beantwortung von schriftlichen Eingaben in einer „Ottokratie“…
oder: Ein Lehrstück für die SPD

Nachdem der TOP 7, Änderung der Geschäftsordnung für den Rat, den Verwaltungsausschuss und die Ratsausschüsse der Gemeinde Gerdau, einstimmig beschlossen worden war, konzentrierte sich nun alles auf die Beantwortung verschiedener schriftlicher Eingaben des Herrn Werner Bollhorn, Gerdau (TOP 8). Und dieser TOP interessierte auch die meisten der 15 bis 20 ZuschauerInnen.

Bollhorn hatte im Laufe der letzten Monate mehrere Anfragen an den Rat gerichtet
– zur Renovierung der Stegenbrücke
– zur Hauptsatzung der Gemeinde Gerdau
– zu den Bekanntmachungsvorschriften in der Hauptsatzung
– zur Instandsetzung von Wanderwegen
– zur Widmung der Gemeindestraße „In der Worth“
Diese Anfragen enthielten meistens mehrere Unterpunkte.

Wortwörtlich heißt es zum Sachverhalt in der Vorlage „Der Verwaltung sind einige Fragen des o.g. mit der Bitte um Beantwortung vorgelegt worden. Die Verwaltung informiert den Rat der Gemeinde Gerdau und beantwortet diese Fragen wie folgt:“ Danach folgen Erklärungen zu den einzelnen Punkten, die sinngemäß alle mit der Formulierung enden: „Der Rat wird gebeten/Dem Rat wird empfohlen, die Eingaben … als unbegründet zurückzuweisen.

Bollhorn hatte nur zu einem Thema schriftliche Stellungnahmen von Bürgermeister Otto Schröder erhalten, konnte damit aber nicht zufrieden sein, denn seine Anfragen richteten sich ja an den Rat der Gemeinde Gerdau, der darüber in öffentlicher Sitzung beraten und Stellung beziehen sollte.
So hat es den Anschein, daß der Bürgermeister über die Anfragen befunden hat und dem Rat vorgibt, welche Stellungnahmen er dazu abzugeben hat.

Was nun folgte, war ein Lehrstück über taktische Winkelzüge in der Politik. Ein Lehrstück, nachdem die Gruppe SPD/GRÜNE ziemlich alt und hilflos aussah, aber auch eines, das dem demokratischen Verständnis der anwesenden Bürger widersprach und sie regelrecht wütend machte. Mit den vielfachen Ausrufen „Armes Gerdau, armes Gerdau…“ verließen viele aus Protest den Raum.

Was war geschehen? Die SPD/GRÜNE hatten den Antrag auf Beantwortung der einzelnen Fragen durch den Rat gestellt. Wolfgang Hahnemann wurde nun aufgefordert, die einzelnen Anfragen vorzutragen, da sie nicht bei den Unterlagen der Ratsmitglieder waren.
Dieses tat er und begann mit den fünf Fragen zur Stegenbrücke: 1. Wurden die Arbeiten ordnungsgemäß ausgeschrieben, 2. War die Firma qualifiziert für den Brückenbau, 3. Gibt es eine Statikberechnung für die ausgeführten Arbeiten, 4. Aus welchen Mitteln wurden die Arbeiten bezahlt, 5. Sind die Veränderungen ins bestehende Brückenbuch eingeflossen und von einem Prüfingenieur bestätigt.

Otto Schröder antwortete darauf, dass der Verwaltungsausschuß sich mit den Themen befaßt hätte und es bei der bisherigen Beantwortung bliebe.
Darauf hin stellte Wolfgang Hahnemann den Antrag, dass die einzelnen Fragen des Herrn Bollhorn korrekt beantwortet werden sollen.
Otto Schröder: „Machen wir nicht viel Zirkus drum…!“
Wolfgang Hahnemann bestand weiterhin auf seinem Antrag und den Gefallen tat ihm Otto Schröder dann – der Antrag wurde (erwartungsgemäß) mit 6:4 abgelehnt.

Nun wollte Hahnemann mit dem nächsten Punkt weitermachen, wurde jedoch von Schröder unterbrochen: „Mit der Abstimmung mit 6:4 ist die Beantwortung des Fragenkomplexes Werner Bollhorn so beschlossen und wir fahren fort mit TOP 9.“

Protest von Hahnemann, lauter Protest aus dem Publikum.
Hahnemann „Es ging bei der Abstimmung doch nur um die Stegenbrücke, über die anderen Anfragen muß jetzt gesprochen werden…“

Otto Schröder: „Es wurde im Paket abgestimmt, über alle Fragen“. Das zur Vorlage nur Fragen zur Stegenbrücke gestellt wurden, sei nicht sein Problem, der Fragenkomplex sei zu einem Vorgang zusammengefaßt worden, dass sei schließlich legitim. Man habe abgestimmt und der TOP sei nun beschlossen.

Nun äußerte sich Friedhelm Schulz: „Jeder, der die Vorlagen liest, weiß über die einzelnen Dinge Bescheid. Es muß zu jeder Frage ein Antrag kommen.“
Protest aus dem Publikum.
Otto Schröder: „Die Einwohnerfragestunde ist durch…“
Hahnemann: „Aber es sind doch unterschiedliche Themen, über die einzeln beraten und abgestimmt werden muß“
Otto Schröder an Hahnemann: „Ich laß mich nicht dafür verantwortlich machen, wenn Du nicht aufgepasst hast“.
Elvira Hentschke: „Die Fragestellungen von Herrn Bollhorn wurden einzelnen im VA beraten und beschlossen“.
Werner Bollhorn aus dem Publikum an Schröder: „Ich erwarte die Antworten vom Rat und nicht von Dir…“
Otto Schröder: „Wolfgang Hahnemann hat Auskünfte zur Brücke bekommen und keine weiteren Anträge gestellt. Damit ist das Thema durch und wir kommen zum nächsten Punkt..“

Zuschauer: „Armes Gerdau, armes Gerdau…“
Wolfgang Hahnemann: „Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“.
Otto Schröder: „Wenn Du meinst…“

Ein Lehrstück über üble Tricksereien in der Politik und schade, dass Friedhelm Schulz das auch noch unterstützt.
Fragestellungen unterschiedlichster Art werden gebündelt, eine möglichst einfache nach oben gestellt. In diesem Fall die Stegenbrücke. Diese wurde von der Firma Finck saniert, eine Firma, die für solide und ordentliche Arbeit bekannt ist. Hier wird Bürgermeister Schröder auf der sicheren Seite sein.
Andere Fragen, in deren Thematik zum Teil Ratsmitglieder verstrickt/beteiligt sind, sollten möglichst unterm Deckel gehalten werden.
Wunderbar gelungen, so funktioniert ein Teil der „Ottokratie“.

Unabhängig davon hat Wolfgang Hahnemann einen schweren Stand, weil er keinerlei Unterstützung von seinen Gruppenmitgliedern hat. Er ist der „Alleinunterhalter“ der Gruppe. Macht er einen Fehler oder übersieht einen „Hinterhalt“, hat er sofort verloren.

Wie das anders geht macht die CDU vor: gerät Otto Schröder ins Schlingern, oder gehen ihm die Argumente aus, sind sofort Stefan Kleuker oder Elvira Hentschke zur Stelle und hauen ihn aus der Bresche oder bügeln die Falten flach. Von allen weiteren CDU-Mitgliedern ist allerdings ebenfalls so gut wie nichts zu hören, sie sind eigentlich nur wichtig bei den Abstimmungen.

Über alles Weitere in der Ratssitzung lohnt der Bericht kaum. Abstimmungen 6:4 gegen SPD-Anträge, Einstimmig wenns mal paßt.

Aber halt: eins gab’s ja noch: Die Frage, ob Bohlsen Zukunft hat.
Die stellt sich nämlich nach einem Antrag einer Bürgerin, die auf die Nutzung eines elektrischen Rollstuhls angewiesen ist. Sie hat in Bohlsen Probleme, weil es keine abgesenkten Bordsteine gibt und die Bürgersteige teilweise zu eng und unbefahrbar sind. Aber nicht nur sie ist betroffen, sondern z.B. auch ältere Menschen mit Rollatoren.

Diese Thema behandeln wir extra mit der Frage:
Wer hat in Bohlsen Zukunft?

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3 Kommentare

  1. WB Antworten

    Die „Ottokratie“ setzt noch einen drauf. Gestern, am 30.4, war wieder Ratssitzung in Gerdau. Der „Fürst und seine Schergen“ haben, freundlich ausgedrückt, ihr „Demokratie“-Gesicht noch nie so geballt gezeigt.
    Begonnen hat die Sitzung mit einer versuchten Erpressung seitens des Fraktionssprechers der CDU, Herrn Kleuker. Dazwischen war ein Schmierenstück in demokratischem und zwischenmenschlichem Verhalten, immer unterstützt vom Samtgemeinde-Bürgermeister und seinem Stellvertreter.
    Am Ende dann die Erklärung von Volker Schulz, er fühle sich mit dem Begriff „Scherge“ so verunglimpft und beleidigt, dass er eine Klage erwogen hätte. Danach ging es noch einmal hoch her auf der Ratssitzung. Treffer unterhalb der Gürtellinie waren vielfältig.
    Entscheidend ist aber die Feigheit der CDU-Fraktion bei mißbräuchlicher Nutzung der geschützten Umgebung einer Ratssitzung (nur für Ratsmitglieder!) zur Stellungnahme zu einem Kommentar in einer Zeitung!
    Hat Burkhard Krüger es mit der Aussage „wer sich verteidigt, klagt sich an“ auf den Punkt gebracht?
    Eine Erklärung wäre es schon, dass die CDU sich nicht traut, an der Stelle, nämlich in dieser Zeitung, wo er hingehört, ihren Kommentar abzugeben. Einfach erbärmlich.

  2. ap Autor des BeitragsAntworten

    Anmerkungen zur Ratssitzung der Gemeinde Gerdau am 18.03.2013
    Es fällt einem schon schwer, das, was am 18.03. in der Ratssitzung der Gemeinde Gerdau abgelaufen ist, als Demokratie zu bezeichnen.
    Einer zahlreich erschienenen Zuhörerschaft war der Zugang zum Verständnis der Ratsbeschlüsse versagt, weil es der Bürgermeister und die CDU-Ratsmitglieder nicht für nötig gehalten haben, die Vorlagen zur Sitzung überhaupt zu erläutern oder die Beschlussvorlagen gar vorzutragen. Selbst wenn alles schon einmal im Fachausschuss und den Fraktionen behandelt worden ist, so muss doch Raum dafür da sein, abweichende Meinungen und Nachfragen darstellen zu können. Das muss gerade dann erfolgen, wenn sich – selten genug – Bürgerinnen und Bürger für Kommunalpolitik interessieren und miterleben wollen, wie sich ihre Mandatsträger äußern. Für wen, fragt sich die Zuhörerschaft, ist eigentlich die Ratsversammlung da? Nickt sie eigentlich nur die Vorlagen der Verwaltung ab oder macht sie durch ernsthafte Rede und Gegenrede die politische Einstellung des einzelnen Ratsmitglieds der Öffentlichkeit transparent?
    Der Gerdauer Rat ist mit seiner CDU-Mehrheit ein von der Verwaltung in Suderburg ferngelenktes Gremium, das in dem Kämmerer und Samtgemeindebürgermeister den Steigbügelhalter für den Gerdauer Ratsvorsitzenden hat, der sich sogar ohne aufzublicken darauf verlassen kann, wie seine Fraktion abstimmt: Immer geschlossen für die Vorlage und immer geschlossen gegen noch so vernünftige und sachgerechte Anträge der Opposition.
    Die Krone des Regierens im Stile des chinesischen Volkskongresses hat sich die CDU aber selbst aufgesetzt. Der Oppositionsführer der SPD, Wolfgang Hahnemann, erklärte, dass schriftliche Fragen eines Einwohners für ihn in der Ratsvorlage noch nicht hinreichend beantwortet seien. Daraufhin wurde der von ihm formulierte Antrag, dass Rat und Verwaltung aufgefordert werden, genauere Details nachzuliefern, mit der einmaligen Dreistigkeit niedergestimmt, dass man diese übrigen Fragen und die noch gar nicht behandelten Anfragen en Block ganz im Sinne der Ratsvorlage mit der üblichen Mehrheitsentscheidung von 6 zu 4 als beantwortet ansehe.
    Dieses rief heftigste Unmutsäußerungen der Zuhörerschaft hervor, weil hier kritische Nachfragen auf äußerst undemokratische Weise mit dem schon bekannten Gerdauer Rats-Maß abgebügelt worden waren. Wie Gerdauer CDU-Ratsangehörige wirklich über die Sache denken und argumentieren, Fehlanzeige. Sie diskutieren zumindest nicht öffentlich und lassen lieber ihren Parteifürsten oder die Verwaltung denken und handeln. Mit dieser aus der DDR bekannten blockparteiartigen Festlegung auf absolute Gefolgschaft ist klar, dass die Ratsöffentlichkeit überhaupt nicht erfährt, für welche politische Meinung das einzelne CDU-Ratsmitglied denn eigentlich steht. Haben Wählerinnen und Wähler sie deshalb gewählt?
    Schlimm, dass der SG-Bürgermeister als Spitzenmann der örtlichen Kommunalverwaltung seinem Gerdauer Kollegen auch noch Recht gab, dass man Bürgeranfragen so pauschal durch den Rat winken solle. Empörte Reaktionen waren auch hier die Folge, denn dieses undemokratische Vorgehen zeigt, wer die Mehrheit hat, der kann sich seine Regeln doch ganz einfach selbst machen, um sich unliebsame Fragen vom Halse zu halten.
    Fritz Kaune

  3. Manuela Arndt Antworten

    Alles in allem eine richtige Beschreibung der Vorgänge. Lediglich bei einem Punkt erhebe ich Einspruch. Denn Wolfgang Hahnemann als Gruppensprecher macht seine Sache sehr gut und kann bei so abgefeimten Spiel auch nicht mehr ausrichten. Ebenso wenig seine Gruppenmitglieder. Jede Sitzung wird gründlich vorbereitet und es wird alles im Vorfeld besprochen, so dass Herr Hahnemann sich der Rückendeckung seiner Gruppe sicher sein kann!
    Um dieser wirklich „schäbigen Politik“ der CDU (Zitat eines Herrn J.Hillmer ,CDU,in einer AZ-Überschrift) entgegen zu wirken gibt es zunächst nur die Möglichkeit einer großen Präsenz der Bevölkerung bei den Sitzungen, die viele Fragen stellen und den Fürsten und seine Schergen heftig ausbuhen. Nur so kann man die oft demokratieferne Ratsarbeit in Gerdau auf dauer verändern.

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